Elternsein und Glück: Dürfen wir von unseren Kindern Glück erwarten?

Es ist ein Thema, das in den sozialen Medien immer wieder hochkocht: Bereuen Eltern ihre Entscheidung für Kinder? Unter dem Hashtag #regrettingmotherhood und neuerdings auch #regrettingfatherhood diskutieren Mütter und Väter offen über die Schattenseiten des Elternseins. Doch inmitten dieser Debatte stellt sich eine grundlegende Frage: Dürfen wir von unseren Kindern erwarten, dass sie uns glücklich machen?

Der ganz normale Wahnsinn: Wenn das Mutterglück kurz Pause macht

Jede Mutter kennt diese Momente: Der Wecker klingelt gefühlt mitten in der Nacht, das Kind klammert, weil es schlecht geträumt hat, der Kaffee ist alle, und der Berg Wäsche scheint über Nacht gewachsen zu sein. Der Job ruft, die Kita hat einen Krankheitsfall, und die Frage, was es heute zu essen geben soll, lässt gefühlt graue Haare sprießen. An solchen Tagen, wenn alles zu viel wird, blitzt er auf, der Gedanke: „War das wirklich die richtige Entscheidung?“

Es ist wichtig zu betonen, dass solche Momente normal sind. Sie gehören zum Elternsein dazu wie Windeln wechseln und Gute-Nacht-Geschichten. Keine Mutter ist jeden Tag glücklich und zufrieden. Es gibt Hochs und Tiefs, Phasen der Erschöpfung und solche, in denen man vor Stolz fast platzt. Entscheidend ist, wie wir mit diesen Gefühlen umgehen.

Die Wahrheit ist doch, dass die Erwartungshaltung, Kinder müssten uns permanent glücklich machen, eine unrealistische und unfaire Bürde darstellt. Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten mit eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Launen. Sie sind nicht dazu da, unsere emotionalen Löcher zu füllen oder uns ein erfülltes Leben zu garantieren. Vielmehr ist es unsere Aufgabe als Eltern, ihnen ein liebevolles und stabiles Umfeld zu bieten, in dem sie sich entfalten und zu selbstbewussten, glücklichen Menschen heranwachsen können.

Die Illusion vom perfekten Familienglück

In unserer Gesellschaft wird oft ein idealisiertes Bild vom Familienglück gezeichnet. Werbung, Filme und soziale Medien suggerieren, dass das Leben mit Kindern ein einziger, endloser Glücksmoment ist. Lachende Kindergesichter, harmonische Familienausflüge und perfekt dekorierte Kinderzimmer prägen dieses Bild. Doch die Realität sieht oft anders aus. Das Leben mit Kindern ist chaotisch, anstrengend und manchmal auch frustrierend. Es ist geprägt von Schlafmangel, Streitigkeiten, Erziehungsfragen und dem ständigen Jonglieren zwischen Job, Haushalt und Kinderbetreuung.

Es ist wichtig, sich von dieser Illusion vom perfekten Familienglück zu verabschieden. Denn sie setzt Eltern unnötig unter Druck und führt dazu, dass sie sich schuldig fühlen, wenn sie nicht ständig glücklich sind. Stattdessen sollten wir uns auf die kleinen, unspektakulären Momente konzentrieren, die das Elternsein so besonders machen: Das erste Lächeln des Babys, die stolzen Augen, wenn das Kind etwas Neues gelernt hat, das Kuscheln am Abend vor dem Schlafengehen.

„Kinder sind nicht dazu da, uns glücklich zu machen. Es ist unsere Aufgabe, sie glücklich zu machen.“

Diese Aussage trifft den Kern der Sache. Kinder sind ein Geschenk, eine Bereicherung für unser Leben. Aber sie sind nicht dazu da, unsere Erwartungen zu erfüllen oder uns ein sorgenfreies Leben zu bescheren. Sie sind eigenständige Individuen mit eigenen Bedürfnissen und Wünschen. Und es ist unsere Verantwortung als Eltern, ihnen ein liebevolles, unterstützendes Umfeld zu bieten, in dem sie sich entfalten und zu glücklichen, selbstbewussten Menschen heranwachsen können.

Das bedeutet nicht, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse vernachlässigen sollen. Im Gegenteil: Nur wenn es uns selbst gut geht, können wir auch gute Eltern sein. Deshalb ist es wichtig, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten, sich Auszeiten zu gönnen und sich Unterstützung zu suchen, wenn man sie braucht. Denn nur wer selbst im Gleichgewicht ist, kann auch seinen Kindern Halt geben.

Kinder machen glücklich?

Kinder machen glücklich?

Die Suche nach dem Flow: Gemeinsam wachsen und lernen

Was macht das Elternsein dann so besonders? Es ist die Möglichkeit, mitzuerleben, wie ein kleiner Mensch die Welt entdeckt, wie er lernt, wächst und sich entwickelt. Es ist die Erfahrung, bedingungslos geliebt zu werden und selbst bedingungslose Liebe zu geben. Und es ist die Chance, sich selbst neu zu entdecken und über sich hinauszuwachsen.

Die Bloggerin Liz von kiddo.the.kid beschreibt es treffend: „Für mich persönlich liegt genau darin das Glückspotential am Kinderhaben – herauszufinden, was das eigentlich für ein Mensch ist, dieser kleine Wusel da. Was braucht der? Ist er abenteuerlustig, vorsichtig, lustig, clever, liebt er Ordnung oder Chaos, Lärm oder Stille, ist sein Geduldsfaden lang oder ganz kurz? Und was können wir tun, damit es uns allen gut geht? Wie funktionieren wir zusammen? Wie finden wir unseren Flow?“

Dieser Flow, das gemeinsame Wachsen und Lernen, ist es, was das Elternsein so wertvoll macht. Es sind die kleinen Momente der Verbundenheit, die uns zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Es sind die Herausforderungen, die uns stärker machen und uns als Familie zusammenschweißen. Und es ist die Gewissheit, dass wir unseren Kindern das Wichtigste mitgeben: Liebe, Geborgenheit und die Fähigkeit, ihr eigenes Glück zu finden.

Von Alphamännchen und missverstandenen Karrierevätern

Die Diskussion um #regrettingfatherhood wirft ein weiteres Licht auf die Thematik. Es scheint, als ob Väter nun auch ihren Anspruch auf ein unbeschwertes Leben geltend machen. Keine rauschenden Cocktailpartys mehr, der schicke Sportwagen muss einem Familienvan weichen. Doch ist das wirklich Reue, oder vielmehr die Erkenntnis, dass das Leben mit Kindern Kompromisse erfordert?

Die Vereinbarkeit von Karriere und Familie ist ein Dauerthema, das beide Elternteile betrifft. Es geht darum, Prioritäten zu setzen, Aufgaben zu verteilen und Kompromisse einzugehen. Es geht darum, sich gegenseitig zu unterstützen und zu akzeptieren, dass nicht immer alles perfekt sein kann. Und es geht darum, sich bewusst zu machen, dass das Glück nicht im äußeren Erfolg liegt, sondern in den Beziehungen, die wir pflegen.

Es ist wichtig, dass Väter ihre Gefühle und Bedürfnisse offen kommunizieren können, ohne dafür verurteilt zu werden. Denn nur wenn beide Elternteile ehrlich zueinander sind, können sie gemeinsam eine Lösung finden, die für alle Beteiligten passt. Und nur so können sie ihren Kindern ein Vorbild sein, wie man ein erfülltes Leben führt, das sowohl die eigenen Bedürfnisse als auch die der Familie berücksichtigt.

Fazit: Glück ist nicht die Abwesenheit von Unglück

Kinder machen nicht per se glücklich. Diese Erkenntnis mag für manche ernüchternd sein, ist aber letztendlich befreiend. Denn Glück ist kein Dauerzustand, sondern ein flüchtiger Moment, der sich oft im Kleinen versteckt. Es ist unsere Aufgabe, diese Momente bewusst wahrzunehmen und wertzuschätzen. Es ist unsere Aufgabe, unseren Kindern ein liebevolles Umfeld zu bieten, in dem sie sich entfalten und ihr eigenes Glück finden können. Und es ist unsere Aufgabe, uns selbst nicht zu vergessen und auf unsere eigenen Bedürfnisse zu achten. Denn nur wenn wir selbst im Gleichgewicht sind, können wir auch gute Eltern sein. Das Leben mit Kindern ist eine Reise voller Höhen und Tiefen, voller Herausforderungen und Glücksmomente. Es ist eine Reise, die uns verändert, uns wachsen lässt und uns zeigt, was wirklich wichtig ist im Leben.



QUELLEN

Eltern.de


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