Der Alltag mit Kindern ist ein Balanceakt, ein Tanz auf dem Drahtseil zwischen den eigenen Bedürfnissen und den unzähligen Anforderungen des Familienlebens. Gerade in Ausnahmesituationen, wie der Corona-Pandemie, geraten viele Mütter an ihre Grenzen. Die ständige Verfügbarkeit, das Homeschooling, die Sorge um die Gesundheit der Familie – all das zehrt an den Nerven. Und dann kommt der Moment, in dem man sich selbst nicht mehr wiedererkennt, in dem die Geduld reißt und man unfair wird.
Wenn Mama zur Kassenlady mutiert
Stell dir vor, du bist die Kassenlady im Supermarkt kurz vor Weihnachten. Jeder will etwas, jeder drängelt, jeder hat einen Sonderwunsch. Am Morgen startest du noch freundlich, am Mittag bringst du noch ein kleines Lächeln zustande, aber am Nachmittag platzt dir der Kragen. So ähnlich fühlen sich viele Mütter im Alltag, besonders in Zeiten von Homeoffice und Homeschooling. Das eigene Zuhause wird zum Schauplatz unzähliger Aufgaben und Erwartungen. Die Kinder brauchen Unterstützung bei den Hausaufgaben, der Partner erwartet ein warmes Abendessen, und nebenbei soll man noch den eigenen Job erledigen. Kein Wunder, dass irgendwann die Nerven blank liegen.
Diese Überlastung führt oft dazu, dass Mütter sich selbst vernachlässigen. Die eigenen Bedürfnisse und Wünsche bleiben auf der Strecke. Der Wunsch nach einem entspannten Abend mit einem guten Buch oder einer spannenden Serie weicht dem Gefühl, ständig funktionieren zu müssen. Und wenn dann noch ein Kind quengelt oder nicht ins Bett gehen will, kann die Situation schnell eskalieren. Der Ton wird rauer, die Geduld schwindet, und man sagt Dinge, die man später bereut.
Manchmal ertappt man sich dabei, wie man die eigenen Kinder anmotzt, obwohl sie eigentlich nichts falsch gemacht haben. Sie sind einfach nur da, mit ihren Bedürfnissen und Wünschen, die in diesem Moment als zusätzliche Belastung empfunden werden. Es ist ein Teufelskreis aus Überforderung, schlechtem Gewissen und dem Wunsch nach einer kleinen Auszeit.
Mama hat ein schlechtes Gewissen
Die Situation spitzt sich zu, wenn man sich bewusst wird, dass man unfair ist. Man weiß, dass die Kinder gerade jetzt besonders viel Zuwendung und Verständnis brauchen, aber man ist einfach nicht in der Lage, ihnen das zu geben. Die eigenen Akkus sind leer, und man hat das Gefühl, ständig am Limit zu laufen. Es ist ein schmerzhaftes Gefühl, wenn man merkt, dass man nicht die Mutter ist, die man sein möchte.
Die Ansprüche an Mütter sind hoch. Sie sollen liebevoll, geduldig, verständnisvoll und gleichzeitig erfolgreich im Beruf sein. Sie sollen den Haushalt führen, die Kinder erziehen und auch noch Zeit für sich selbst finden. Es ist ein unrealistisches Ideal, das viele Mütter unter Druck setzt. Und wenn sie dann scheitern, fühlen sie sich schuldig und versagen.
Es ist wichtig zu erkennen, dass es in Ordnung ist, nicht immer perfekt zu sein. Niemand kann ständig Höchstleistungen erbringen. Jeder hat mal einen schlechten Tag, jeder ist mal überfordert. Es ist wichtig, sich selbst Fehler zu verzeihen und sich einzugestehen, dass man auch mal eine Pause braucht.
Die Suche nach der inneren Frau Müller
Wie oft ertappen wir uns dabei, im Job ein freundliches Gesicht zu zeigen, obwohl uns innerlich zum Schreien zumute ist? Warum fällt es uns so schwer, diese Freundlichkeit auch unseren Kindern entgegenzubringen, den wichtigsten Menschen in unserem Leben?
Die Antwort liegt vielleicht darin, dass wir im Job eine Rolle spielen, eine professionelle Fassade aufrechterhalten, während wir zu Hause unsere Masken fallen lassen. Wir sind authentischer, verletzlicher und zeigen unsere wahren Gefühle. Aber gerade deshalb ist es so wichtig, auch im Familienalltag auf unsere innere Balance zu achten. Wir dürfen uns nicht von unseren Emotionen überwältigen lassen, sondern müssen lernen, wie wir in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren.
„Es ist ein Zeichen von Stärke, sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Zeichen von Mut, sich Unterstützung zu suchen, um den Alltag besser zu bewältigen und eine liebevolle und verständnisvolle Mutter zu sein.“
Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, ist die Suche nach der „inneren Frau Müller“. Diese fiktive Figur steht für die Fähigkeit, auch in stressigen Situationen freundlich und gelassen zu bleiben. Sie ist diejenige, die an Kasse 3 einspringt, wenn die eigentliche Kassenlady eine Pause braucht. Sie ist diejenige, die lächelt, obwohl ihr zum Schreien zumute ist. Die innere Frau Müller ist ein Symbol für unsere Fähigkeit zur Selbstregulation und zur Empathie.
Die Suche nach der inneren Frau Müller ist ein Prozess, der Zeit und Übung erfordert. Es geht darum, sich seiner eigenen Grenzen bewusst zu werden und Strategien zu entwickeln, wie man mit Stress und Überforderung umgehen kann. Es geht darum, sich selbst nicht zu vergessen und sich regelmäßig Zeit für die eigenen Bedürfnisse zu nehmen.
Strategien für mehr Gelassenheit im Familienalltag
Es gibt viele kleine Dinge, die man tun kann, um den Alltag mit Kindern entspannter zu gestalten. Hier sind ein paar Tipps:
- Zeit für sich selbst einplanen: Auch wenn es schwerfällt, ist es wichtig, sich regelmäßig Zeit für sich selbst zu nehmen. Das kann ein entspannendes Bad sein, ein Spaziergang in der Natur oder einfach nur eine halbe Stunde mit einem guten Buch.
- Aufgaben delegieren: Verteile die Aufgaben im Haushalt und bei der Kinderbetreuung fair auf alle Familienmitglieder. Auch Kinder können schon kleine Aufgaben übernehmen.
- Nein sagen lernen: Es ist nicht schlimm, auch mal Nein zu sagen. Du musst nicht jede Verpflichtung eingehen und nicht jeden Wunsch erfüllen.
- Hilfe annehmen: Scheue dich nicht, Hilfe von Freunden, Familie oder professionellen Anbietern anzunehmen. Eine Putzhilfe, ein Babysitter oder ein Gespräch mit einem Therapeuten können Wunder wirken.
- Entspannungstechniken erlernen: Es gibt viele Entspannungstechniken, die dir helfen können, Stress abzubauen und zur Ruhe zu kommen. Yoga, Meditation oder progressive Muskelentspannung sind nur einige Beispiele.
Es ist wichtig zu akzeptieren, dass es keine perfekte Lösung gibt und dass es immer wieder schwierige Phasen geben wird. Aber mit den richtigen Strategien und einer großen Portion Selbstliebe kann man den Alltag mit Kindern meistern und eine liebevolle und harmonische Familie leben.
Fazit: Die unperfekte Mutter ist die beste Mutter
Der Druck, eine perfekte Mutter zu sein, ist enorm. Doch die Realität sieht oft anders aus. Überforderung, Gereiztheit und das Gefühl, den eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden, sind keine Seltenheit. Es ist wichtig zu erkennen, dass diese Gefühle menschlich sind und dass es in Ordnung ist, nicht immer die beste Version von sich selbst zu sein. Die Suche nach der „inneren Frau Müller“ kann helfen, gelassener mit stressigen Situationen umzugehen und sich selbst nicht zu vergessen. Indem man sich Zeit für sich selbst nimmt, Aufgaben delegiert, Nein sagt und Hilfe annimmt, kann man den Alltag mit Kindern entspannter gestalten. Am Ende ist es die unperfekte Mutter, die sich ihrer eigenen Grenzen bewusst ist und sich trotzdem liebevoll um ihre Kinder kümmert, die die beste Mutter ist.
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