Es ist Samstagmorgen, 8 Uhr. Während andere Familien gemütlich am Frühstückstisch sitzen, herrscht bei uns Hochbetrieb. Mein Mann, der Haushalts-Superheld, schwingt den Staubsauger, während ich versuche, die Kinder davon abzuhalten, die frisch geputzten Flächen wieder zu ruinieren. Klingt idyllisch? Nicht ganz. Denn hinter der Fassade des perfekten Haushalts lauert der ganz normale Wahnsinn.
Wenn Ordnungsliebe zur Obsession wird
Ich liebe meinen Mann, wirklich. Aber seine Besessenheit von Ordnung und Sauberkeit treibt mich manchmal in den Wahnsinn. Während ich Kochen als kreativen Prozess sehe, bei dem Chaos einfach dazugehört, ist er der Meinung, dass jede Kartoffelschale sofort von der Arbeitsplatte entfernt werden muss. Seine panischen Aufräumaktionen während meiner Kochsessions sind legendär. Kaum drehe ich mich um, ist das Messer verschwunden, der Pfeffer verbannt und die halbe Lasagne schon auf dem Weg in den Müll, weil sie ihm zu unordentlich erscheint. Es ist, als würde er gegen Windmühlen kämpfen, denn mit drei Kindern ist ein gewisses Maß an Unordnung unvermeidlich. Aber er gibt nicht auf. Er kämpft weiter, bewaffnet mit Feuchttüchern und einer unerschütterlichen Überzeugung, dass Sauberkeit das A und O ist. Und ich? Ich versuche, meinen Humor nicht zu verlieren und mich in meinem kreativen Chaos zu entfalten.
Übermotivierter Mann beim Putzen: Ein humorvoller Blick auf die Hausarbeit-Dynamik.
Die Beschriftungsmaschine des Grauens
Der absolute Höhepunkt seiner Ordnungsliebe war der Kauf einer Beschriftungsmaschine. Anfangs fand ich es ja noch ganz witzig, dass jedes Fach im Kleiderschrank sorgfältig beschriftet war: Unterwäsche, Socken, T-Shirts. Selbst ein Fremder könnte in unserer Wohnung aufräumen! Aber dann ging es los mit den Unterkategorien in der Bettwäschekommode: Spannbettlaken, Allergiebezüge, Kinderbettwäsche groß, Kinderbettwäsche klein. Als ich dann eines Tages einen kleinen Kleber auf unserem Ehebett entdeckte, auf dem „Ehebett“ stand, war Schluss mit lustig. Ich versteckte die Maschine ganz unten in der Schublade mit der Aufschrift „Schminkutensilien“. Man weiß ja nie, was ihm sonst noch so einfällt. Vielleicht hätte ich eines Morgens mit einem Etikett auf der Stirn aufwachen können, auf dem „Prototyp Ehefrau“ steht. Der Gedanke daran ist einfach nur gruselig.
Der Kistenwahn und das traurige Schicksal des Seehunds
Ich hätte es ahnen müssen, als wir zusammengezogen sind und ich die zwanzig durchsichtigen Plastikkisten sah. Bei jedem Baumarktbesuch kam eine weitere hinzu. Und so sahen unsere Kinder und ich entsetzt dabei zu, wie selbst die Kuscheltiere im staubfreien Plastikparadies verschwanden. „Wäre der kleine süße Seehund denn nicht schön als Deko?“, wagte ich einen Vorstoß. „Also hör mal, den kann man doch durch das Plastik sehen“, antwortete mein Mann verständnislos. Ich sah dem kleinen Seehund in die an der Plastikwand eingedrückten traurigen Augen und dachte: Genau das ist ja das Problem. Die Kisten sind wie ein Gefängnis für all die Dinge, die eigentlich Freude bereiten sollen. Aber für meinen Mann sind sie der Inbegriff von Ordnung und Kontrolle. Ein Kampf gegen das Chaos, der niemals endet.
Die Ehe ist wie ein Garten: Sie muss gepflegt werden, aber man sollte nicht versuchen, jede einzelne Blume zu beschriften.
Die Sache mit den Feuchttüchern und der heimliche Racheplan
Seit wir Kinder haben, putzt mein Mann auch gerne das Bad. Er hat die Feuchttücher für sich entdeckt. Er putzt damit das Waschbecken, die Toilette, die Armaturen, die Dusche, die Spiegel. „Das Leben ist so viel einfacher mit Feuchttüchern“, findet er. Ich finde das nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob er den weißmilchigen Schleier auf den Spiegeln nicht bemerkt oder nicht bemerken will. Vielleicht denkt er auch immer noch, dass der Schleier nur fünf Minuten da ist und danach verschwindet. Tut er ja auch, weil ich nachputze. Ich habe schon mal drüber nachgedacht, ob er sich auf diese Weise für mein Kochchaos rächen will oder geheime Verträge mit unserer Feuchttüchermarke geschlossen hat. Eine andere Erklärung gibt es für mich nicht. Tief in einer schwarzen Ecke meiner Seele feiere ich es aber ein bisschen, dass er wenigstens das nicht kann. Auch wenn er es denkt. ICH weiß, wenigstens DAS kann ich besser. Es ist ein kleiner Sieg im großen Kampf gegen den Haushaltswahnsinn.
Als ich in Amerika war und Superman das Ruder übernahm
Als unser Kleinster zwei Jahre alt war, bin ich zum ersten Mal ohne Kinder weggefahren. Ich war eine Woche in Amerika bei einer Freundin. Ich fühlte mich wie eine Verräterin, denn ich war mir sicher, dass das System völlig zusammenbrechen würde ohne mich, so wie man das eben aus den Erzählungen der anderen kennt. Als ich nach einer Woche wiederkam, erwartete ich heilloses Chaos, quengelnde Kinder und Hemden mit Brandlöchern. Ich hätte es besser wissen müssen. Schließlich war ich mit Superman verheiratet, dessen einzige Schwäche Feuchttücher waren. Alles lag aufgeräumt an seinem Platz, die Kinder spielten Playmobil, während ihr Vater summend an einer Nähmaschine saß. An einer Nähmaschine!!! Hatte er sich selbst beigebracht. Mit YouTube. Weil ich ja irgendwie nie Zeit gefunden hatte, die Gardinen zu nähen aus dem Stoff, der mir so gut gefallen hatte. Ich brach spontan in Tränen aus. Mein Mann verstand die Welt nicht mehr. Er habe das doch für mich gemacht, damit ich es schön habe, wenn ich wiederkomme. Und außerdem habe unser Sohn jetzt keine Angst mehr vor Shampoo und unsere Tochter habe gelernt, durchzuschlafen in der Woche. Das sei doch wohl kein Grund zu weinen. In diesem Moment wurde mir klar, dass ich das Problem war, nicht er.
Die Erkenntnis: Ich war das Problem, nicht er
In diesem Moment begriff ich, warum ich es hasste, einen Mann zu haben, der Hausarbeit macht und das auch noch gut. Ich fühlte mich bedroht. Ich hatte mich immer für eine emanzipierte Frau gehalten, aber irgendwie steckte die traditionelle Rollenverteilung tiefer in mir drin, als ich dachte. Tatsächlich war es immer darum gegangen, dass ich mich wie eine schlechte Frau fühlte, nur weil mein Mann ordentlicher, reinlicher und effizienter war, wenn es um den Haushalt ging. Ich gestand ihm, dass ich irgendwie gehofft hatte, dass ohne mich nichts klappt. Es war einfach nur die Sehnsucht danach, gebraucht zu werden. Dass ohne mich nichts lief, so wie das die anderen erzählten, wenn sie auch nur fünf Stunden aus dem Haus gingen. Mein Mann nahm mich in den Arm, lachte und zeigte mir dann eine SMS von unserem Nachbarn: „Wann kommt deine Frau endlich wieder? Ich hab keinen, mit dem ich Bier trinken und rumpöbeln kann.“ Ich musste mitlachen. Dann bin ich direkt mal auf ein Bierchen rübergegangen, um über meinen Mann zu pöbeln. Als ich wiederkam, war unser Bett neu beschriftet. Er hatte die Maschine wiedergefunden. Auf dem Etikett stand jetzt: „Schlafplatz der wunderbaren Frau, die besser trösten, pöbeln, mitfühlen, ohne Feuchttücher putzen und über Gefühle reden kann als ihr Mann“. Und abends sagte mir meine Tochter, dass sie froh ist, dass ich wieder da bin, weil ich viel mehr quatschig bin als Papa. Jeder hat eben andere Talente. Auch wenn sie manchmal nicht zum Geschlecht passen.
Fazit: Jeder Jeck ist anders – auch im Haushalt
Die Geschichte meines Mannes und seiner Haushalts-Obsessionen ist vielleicht etwas überspitzt, aber sie zeigt, dass es kein Richtig oder Falsch gibt, wenn es um die Aufteilung der Hausarbeit geht. Entscheidend ist, dass beide Partner sich wohlfühlen und ihre Stärken einbringen können. Ich habe gelernt, dass es in Ordnung ist, nicht perfekt zu sein und dass es sogar von Vorteil sein kann, einen Mann zu haben, der einem den Rücken freihält. Und er hat gelernt, dass man auch mal ein Auge zudrücken kann, wenn es um Krümel auf dem Boden oder Spielzeug im Wohnzimmer geht. Denn am Ende des Tages ist es doch viel wichtiger, dass wir als Familie zusammenhalten und Spaß haben – auch wenn das bedeutet, dass der Staubsauger erst am Sonntagmorgen zum Einsatz kommt. Und ganz ehrlich: Wer braucht schon ein perfekt aufgeräumtes Haus, wenn man dafür ein glückliches Familienleben hat?
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