In der Hektik des Alltags als berufstätige Mutter scheint die Zeit für tiefgreifende Selbstreflexion oft ein ferner Luxus. Zwischen Windelwechseln, Meetings und dem abendlichen Zubettgehen bleibt kaum Raum, um innezuhalten und sich selbst zu fragen: Wer bin ich eigentlich jenseits meiner Rolle als Mutter? Und wie beeinflusst meine eigene Geschichte die Art und Weise, wie ich meine Kinder erziehe?
Die Prägung unserer Kindheit: Ein unsichtbarer Rucksack
Unsere Kindheit ist wie ein unsichtbarer Rucksack, den wir mit uns herumtragen. Er ist gefüllt mit Erfahrungen, Glaubenssätzen und Verhaltensmustern, die uns geprägt haben. Diese Prägungen wirken oft unbewusst und beeinflussen, wie wir die Welt sehen, wie wir Beziehungen gestalten und wie wir unsere Kinder erziehen. Stell dir vor, du bist auf einer Wanderung. Dein Rucksack ist vollgepackt mit nützlichen Dingen wie Wasser und Proviant, aber auch mit unnötigem Ballast, der dich beschwert. Genauso ist es mit unseren Prägungen: Einige stärken uns, andere hindern uns daran, unser volles Potenzial als Mutter auszuschöpfen.
Vielleicht wurdest du in einem Umfeld groß, in dem Leistung über alles gestellt wurde. Du hast gelernt, dass du nur dann wertvoll bist, wenn du erfolgreich bist. Nun stehst du vor deinem Kind, das gerade eine schwierige Phase durchmacht, und verspürst den Drang, es zu Höchstleistungen anzutreiben. Oder vielleicht hast du in deiner Kindheit wenig emotionale Unterstützung erfahren. Du hast gelernt, deine Gefühle zu unterdrücken und stark zu sein. Jetzt fällt es dir schwer, die emotionalen Bedürfnisse deines Kindes wahrzunehmen und ihm den Halt zu geben, den es braucht.
Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Prägungen nicht unsere Schuld sind. Wir haben sie nicht bewusst gewählt, sondern sie wurden uns von unseren Eltern, unserer Familie und unserer Umwelt mitgegeben. Aber als Erwachsene haben wir die Möglichkeit, uns mit diesen Prägungen auseinanderzusetzen und zu entscheiden, welche wir behalten wollen und welche wir loslassen müssen.
Der Spiegel der Elternschaft: Wenn alte Wunden aufbrechen
Die Elternschaft wirkt oft wie ein Spiegel, der uns unsere eigenen Stärken und Schwächen vor Augen führt. Plötzlich werden wir mit Situationen konfrontiert, die uns emotional triggern und alte Wunden aufbrechen lassen. Vielleicht reagierst du übermäßig emotional, wenn dein Kind trotzt und seinen eigenen Willen durchsetzen will. Vielleicht erinnert dich das an deine eigene Kindheit, in der du nie die Möglichkeit hattest, deine Meinung zu sagen oder deine Bedürfnisse auszuleben. Oder vielleicht fühlst du dich hilflos und überfordert, wenn dein Kind traurig ist und Trost sucht. Vielleicht erinnert dich das an deine eigene Erfahrung, in der du dich verlassen und alleingelassen gefühlt hast.
Diese emotionalen Reaktionen sind ein Zeichen dafür, dass alte, ungelöste Themen in dir schlummern. Sie bieten dir die Chance, dich mit deiner eigenen Geschichte auseinanderzusetzen und zu heilen. Es ist ein Prozess, der Mut und Ehrlichkeit erfordert, aber er kann dich letztendlich freier und authentischer machen – sowohl als Mensch als auch als Mutter.
„Wenn ich aus der Nummer rauskommen möchte und zu mehr Entscheidungsfreiheit gelangen möchte, eben nicht automatisiert handeln, sondern mich frei entscheiden möchte, dann muss ich erkennen, was mich steuert.“
Diese Erkenntnis der renommierten Psychologin Stefanie Stahl ist der Schlüssel zur Veränderung. Es geht darum, die eigenen Automatismen zu erkennen und zu hinterfragen, um bewusste Entscheidungen treffen zu können.
Die Macht der Glaubenssätze: Wie wir uns selbst sabotieren
Unsere Prägungen führen oft zu tiefsitzenden Glaubenssätzen, die unser Selbstbild und unser Verhalten beeinflussen. Diese Glaubenssätze sind wie unsichtbare Skripte, die in unserem Unterbewusstsein ablaufen und uns davon abhalten, unser volles Potenzial auszuschöpfen. Stell dir vor, du bist eine Schauspielerin, die ein Drehbuch erhält. Du hast die Wahl, das Drehbuch zu befolgen oder es zu verändern. Genauso ist es mit unseren Glaubenssätzen: Wir können sie hinterfragen und neu schreiben.
Einige Beispiele für negative Glaubenssätze, die viele Mütter kennen, sind:
- Ich bin nicht gut genug.
- Ich muss alles perfekt machen.
- Ich darf keine Fehler machen.
- Ich muss immer für alle da sein.
- Ich verdiene keine Zeit für mich selbst.
Diese Glaubenssätze können zu Stress, Überforderung und Schuldgefühlen führen. Sie können uns daran hindern, unsere eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und uns selbst liebevoll zu behandeln. Es ist wichtig, diese Glaubenssätze zu erkennen und zu hinterfragen. Sind sie wirklich wahr? Oder sind sie nur das Ergebnis unserer Prägungen?
Die junge Protagonistin im Zentrum: Ein Moment der Ruhe und Aufmerksamkeit, eingefangen in sanften Farbtönen.
Der Weg zur inneren Freiheit: Glaubenssätze loslassen und neue Wege gehen
Die gute Nachricht ist: Wir können unsere negativen Glaubenssätze loslassen und neue, stärkende Glaubenssätze entwickeln. Wir können uns von der Vergangenheit befreien und unser Leben bewusst gestalten. Es ist ein Prozess, der Zeit und Übung erfordert, aber er ist es wert. Stell dir vor, du bist eine Gärtnerin, die einen Garten pflegt. Du entfernst das Unkraut und pflanzt neue, schöne Blumen. Genauso ist es mit unseren Glaubenssätzen: Wir können die negativen Glaubenssätze entfernen und neue, positive Glaubenssätze pflanzen.
Hier sind einige Schritte, die dir dabei helfen können:
- Werde dir deiner negativen Glaubenssätze bewusst. Schreibe sie auf und analysiere sie.
- Hinterfrage deine Glaubenssätze. Sind sie wirklich wahr? Woher kommen sie?
- Ersetze deine negativen Glaubenssätze durch positive, stärkende Glaubenssätze.
- Wiederhole deine positiven Glaubenssätze regelmäßig. Sprich sie laut aus oder schreibe sie auf.
- Handle im Einklang mit deinen positiven Glaubenssätzen.
Es ist wichtig, geduldig mit dir selbst zu sein und dir Zeit zu geben. Veränderungen brauchen Zeit. Aber mit jedem kleinen Schritt wirst du freier und authentischer.
Indem wir uns von unseren negativen Prägungen und Glaubenssätzen befreien, schaffen wir Raum für neue Erfahrungen und neue Beziehungen. Wir können unseren Kindern ein liebevolles und unterstützendes Umfeld bieten, in dem sie sich frei entfalten können. Wir können ihnen zeigen, dass es in Ordnung ist, Fehler zu machen, dass sie nicht perfekt sein müssen und dass sie immer geliebt werden, egal was passiert.
Die perfekte Mutter? Ein Mythos!
Es ist wichtig zu akzeptieren, dass es keine perfekte Mutter gibt. Wir alle machen Fehler und wir alle haben unsere Schwächen. Aber das ist in Ordnung. Denn unsere Kinder lernen nicht nur von unseren Stärken, sondern auch von unseren Fehlern. Sie lernen, dass es menschlich ist, nicht perfekt zu sein, und dass man aus Fehlern lernen kann. Und das ist eine wertvolle Lektion fürs Leben.
Am Ende des Tages ist das Wichtigste, dass wir unsere Kinder lieben und ihnen zeigen, dass wir für sie da sind. Denn Liebe ist die stärkste Kraft, die es gibt. Sie kann Wunden heilen, Ängste überwinden und uns zu den Müttern machen, die wir sein wollen.
Fazit: Die Reise zu uns selbst als Weg zur besseren Mutter
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Prägung und den daraus resultierenden Glaubenssätzen ist ein fortlaufender Prozess, der uns als Mütter wachsen lässt. Es geht nicht darum, perfekt zu sein oder alle Fehler der Vergangenheit auszubügeln. Vielmehr geht es darum, sich selbst besser zu verstehen, die eigenen Muster zu erkennen und bewusst zu wählen, wie man als Mutter agieren möchte. Indem wir uns von negativen Glaubenssätzen befreien und uns unseren eigenen Bedürfnissen zuwenden, können wir unseren Kindern ein liebevolles und authentisches Vorbild sein. Die Reise zu uns selbst ist somit auch ein Weg zu einer erfüllteren und bewussteren Mutterschaft.
Eltern.de