Die innere Uhr deines Kindes: Wie sie schulische Leistungen beeinflusst

Erschöpft sinkt man abends auf die Couch, die Kinder sind im Bett, und trotzdem schwirrt der Kopf. Schule, Hausaufgaben, Freizeitaktivitäten – der Alltag als Mutter ist ein Drahtseilakt. Und dann noch die Frage: Warum tut sich mein Kind so schwer in der Schule? Vielleicht liegt es ja nicht nur am fehlenden Ehrgeiz oder an der komplizierten Matheaufgabe. Vielleicht tickt die innere Uhr deines Kindes einfach anders.

Die innere Uhr: Lerche oder Eule?

Kennst du das Gefühl, wenn du morgens topfit bist und die Aufgaben nur so von der Hand gehen, während andere noch verschlafen am Kaffee nippen? Oder gehörst du eher zu den Nachteulen, die erst abends so richtig aufblühen? Jeder Mensch hat seinen eigenen Chronotyp, seine persönliche innere Uhr. Diese bestimmt nicht nur, wann wir müde oder wach sind, sondern auch, wann wir am leistungsfähigsten sind. Bei Kindern ist das nicht anders. Während die einen schon früh morgens hellwach sind und konzentriert lernen können, brauchen andere etwas länger, um in Schwung zu kommen. Und genau hier liegt oft das Problem.

Das Dilemma des frühen Schulbeginns

In Deutschland beginnt die Schule für die meisten Kinder zwischen 7:30 Uhr und 8:30 Uhr. Eine Zeit, in der viele Jugendliche, die eher dem Eulen-Typ entsprechen, noch gar nicht richtig wach sind. Ihr Körper befindet sich noch im Schlafmodus, die Konzentration ist gering und die Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Das ist, als würde man einen Marathonläufer zwingen, einen Sprint zu absolvieren. Kein Wunder, dass diese Kinder sich schwertun und schlechtere Noten schreiben. Der frühe Schulbeginn kann also zu einer echten Benachteiligung für Eulen-Typen werden. Sie werden gezwungen, gegen ihre innere Uhr zu leben, was langfristig zu Stress, Erschöpfung und sogar gesundheitlichen Problemen führen kann.

Schlafmangel bei Kindern

Schlafmangel bei Kindern: Einfluss auf schulische Leistungen

Eltern kennen das nur zu gut: Manchmal scheint es, als würden die Kinder einfach nicht in den Schlaf finden. Doch wenn Kinder und Jugendliche abends lange wach sind und morgens kaum aus dem Bett kommen, ist das nicht immer nur Faulheit oder Trotz. Oft steckt dahinter eine ganz natürliche Veranlagung, die durch den frühen Schulbeginn noch verstärkt wird.

Die Pubertät: Wenn die innere Uhr verrücktspielt

Besonders während der Pubertät verschiebt sich die innere Uhr vieler Kinder nach hinten. Hormone spielen verrückt, und plötzlich werden aus kleinen Lerchen echte Nachteulen. Studien zeigen, dass etwa 20 Prozent der Jugendlichen extreme Eulen sind, weitere 20 bis 30 Prozent sind stark ausgeprägte Eulen. Das bedeutet, dass fast die Hälfte aller Teenager Schwierigkeiten hat, früh aufzustehen und sich morgens zu konzentrieren. Diese Verschiebung der inneren Uhr ist völlig normal und hat vor allem hormonelle Ursachen. Das Problem ist nur, dass unser Schulsystem darauf keine Rücksicht nimmt. Es erwartet von allen Kindern, dass sie zur gleichen Zeit fit und leistungsfähig sind, egal welcher Chronotyp sie sind.

Und genau hier setzt die Kritik an: Der Chronobiologe Till Roenneberg betont, dass das Schulsystem die Eulentypen biologisch diskriminiert. Sie erbringen nachweislich schlechtere Leistungen als Lerchentypen, einfach weil sie morgens müder sind und sich schlechter konzentrieren können. Das ist besonders unfair bei wichtigen Prüfungen wie dem Abitur, bei denen es auf höchste Konzentration ankommt.

„Das Schulsystem berücksichtigt diese Veränderung im Biorhythmus der Kinder jedoch nicht, sodass daraus eine biologische Diskriminierung für die Eulentypen hervorgeht.“

Sozialer Jetlag: Wenn das Leben gegen die innere Uhr arbeitet

Der Konflikt zwischen der individuellen biologischen Uhr und den vorgegebenen Uhrzeiten durch Schule und Job kann zu einer chronischen Form von Müdigkeit führen, dem sogenannten sozialen Jetlag. Stell dir vor, du fliegst jedes Wochenende in eine andere Zeitzone und musst dich montags wieder an die alte Zeit gewöhnen. Genau das passiert vielen Kindern und Jugendlichen, die unter der Woche früh aufstehen müssen und am Wochenende versuchen, den Schlaf nachzuholen. Schätzungen zufolge beträgt der soziale Jetlag bei siebzig Prozent aller Schüler, Studierenden und der arbeitenden Bevölkerung mindestens eine Stunde – bei manchen sogar bis zu zwei Stunden. Das ist eine enorme Belastung für den Körper und kann langfristig zu gesundheitlichen Problemen führen.

Was aber können Eltern tun, um ihren Kindern zu helfen, besser mit dem sozialen Jetlag umzugehen? Schlafforscher Roenneberg rät, die Jugendlichen am Wochenende ausschlafen zu lassen. Das bedeutet, sie nicht zu wecken und ihnen die Möglichkeit zu geben, den verlorenen Schlaf nachzuholen. Denn das biologische System kann nicht „überschlafen“. Wenn die Kinder erst am Mittag aus den Betten kommen, liegt das einfach daran, dass sie einen großen Nachholbedarf haben.

Tipps für den Alltag: So unterstützt du dein Kind

Auch wenn wir als Eltern das Schulsystem nicht von heute auf morgen ändern können, gibt es doch einige Dinge, die wir tun können, um unseren Kindern zu helfen, besser mit ihrer inneren Uhr umzugehen:

  • Ausschlafen am Wochenende: Lasst eure Kinder am Wochenende so lange schlafen, wie sie brauchen. Das hilft ihnen, den Schlaf nachzuholen und den sozialen Jetlag zu reduzieren.
  • Regelmäßige Schlafzeiten: Versucht, auch unter der Woche möglichst regelmäßige Schlafzeiten einzuhalten. Das hilft dem Körper, sich an einen festen Rhythmus zu gewöhnen.
  • Dunkelheit am Abend: Sorgt dafür, dass es am Abend im Kinderzimmer dunkel ist. Dunkelheit fördert die Produktion des Schlafhormons Melatonin und hilft beim Einschlafen.
  • Vermeidet Blaulicht: Verzichtet am Abend auf die Nutzung von Smartphones, Tablets und Computern. Das blaue Licht dieser Geräte kann die Melatoninproduktion hemmen und das Einschlafen erschweren.
  • Bewegung an der frischen Luft: Bewegung und frische Luft am Tag können helfen, den Schlaf-Wach-Rhythmus zu regulieren.
  • Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse kann ebenfalls zu einem besseren Schlaf beitragen.

Wichtig ist auch, dass die Zimmer der Teenies nicht extra abgedunkelt werden, denn die innere Uhr reagiert auf hell und dunkel. Ist es die ganze Zeit dunkel im Zimmer des Teenies, denkt die innere Uhr, es ist noch Nacht und stellt sich noch später.

Und was ist mit den Frühtypen? Natürlich gibt es auch Jugendliche, die von Natur aus Lerchen sind und trotzdem früh aufwachen, auch wenn sie erst spät ins Bett gegangen sind. Auch diesen Kindern sollten Eltern erklären, dass sie ausreichend Schlaf brauchen und dass Schlafmangel negative Auswirkungen auf ihre Leistungsfähigkeit und Entwicklung haben kann.

Es ist ein Balanceakt, den wir als Eltern jeden Tag aufs Neue meistern müssen. Aber wenn wir die innere Uhr unserer Kinder verstehen und ihnen helfen, ihren eigenen Rhythmus zu finden, können wir ihnen einen wichtigen Baustein für ein erfolgreiches und gesundes Leben mitgeben.

Fazit

Die innere Uhr unserer Kinder spielt eine entscheidende Rolle für ihre schulischen Leistungen und ihr Wohlbefinden. Der frühe Schulbeginn kann besonders für Eulen-Typen zu einer echten Herausforderung werden und zu sozialem Jetlag führen. Als Eltern können wir unsere Kinder unterstützen, indem wir ihnen am Wochenende ausreichend Schlaf ermöglichen, regelmäßige Schlafzeiten fördern, für Dunkelheit am Abend sorgen, Blaulicht vermeiden, Bewegung an der frischen Luft ermöglichen und auf eine gesunde Ernährung achten. Indem wir die individuellen Bedürfnisse unserer Kinder berücksichtigen und ihnen helfen, ihren eigenen Rhythmus zu finden, können wir ihnen einen wichtigen Baustein für ein erfolgreiches und gesundes Leben mitgeben.

QUELLEN

Eltern.de

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