Die Kunst des richtigen Lobens: So fördern Sie das Selbstwertgefühl Ihres Kindes

In der bunten Welt der Kindererziehung, wo jeder Tag neue Herausforderungen und Freuden bereithält, steht eine Frage oft im Mittelpunkt: Wie können wir unsere Kinder so fördern, dass sie selbstbewusst, stark und glücklich werden? Ein Schlüssel dazu liegt im Lob – doch wie so oft, ist es die Dosis, die das Gift macht. Ein wohl dosiertes, ehrliches Lob kann wahre Wunder wirken, während übertriebene oder unaufrichtige Anerkennung schnell nach hinten losgehen kann. Tauchen wir ein in die Kunst des richtigen Lobens, speziell zugeschnitten auf die Bedürfnisse und Herausforderungen von Karrieremüttern, die täglich zwischen Job und Familie jonglieren.

Die Macht der Worte: Lob als Wegweiser

Stellen Sie sich vor, Ihre Tochter kommt stolz mit einem selbstgemalten Bild auf Sie zu, während Sie gerade in einem wichtigen Telefonat sind. Wie reagieren Sie? Ein schnelles, unaufmerksames „Schön gemacht, Schatz“ wäre sicherlich einfacher, doch es verfehlt die Chance, wirklich auf das Kind einzugehen. Kinder spüren, ob ein Lob von Herzen kommt oder nur eine Floskel ist. Ein ehrliches Lob hingegen, das aufrichtige Begeisterung und Anerkennung für die Mühe und Kreativität des Kindes ausdrückt, kann Berge versetzen. Es stärkt das Selbstwertgefühl, fördert die Motivation und zeigt dem Kind, dass seine Anstrengungen gesehen und wertgeschätzt werden. Aber Vorsicht: Lob sollte nicht inflationär eingesetzt werden, da es sonst an Bedeutung verliert.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Individualität jedes Kindes. Was für das eine Kind motivierend wirkt, kann das andere unter Druck setzen. Beobachten Sie Ihr Kind genau: Reagiert es positiv auf Lob, blüht es auf und wird selbstbewusster? Oder fühlt es sich eher unwohl, beobachtet und unter Druck gesetzt? Passen Sie Ihre Strategie entsprechend an. Manchmal ist eine stille Umarmung oder ein anerkennendes Nicken mehr wert als tausend Worte.

Mutter und Tochter malen am Küchentisch, Fokus auf die Hände

Qualitätszeit: Mutter und Tochter feiern einen spielerischen Moment der Freude am Küchentisch.

Lob mit Substanz: Beschreiben statt Bewerten

Anstatt Ihr Kind mit allgemeinen Floskeln wie „Super gemacht!“ zu überschütten, versuchen Sie, konkreter zu werden. Beschreiben Sie, was Ihnen an der Leistung Ihres Kindes gefällt, anstatt sie nur zu bewerten. Anstatt zu sagen: „Du bist so eine tolle Malerin!“, könnten Sie sagen: „Ich liebe die Farben, die du verwendet hast, und wie du die Blumen so lebendig dargestellt hast.“ Diese Art von Lob zeigt dem Kind, dass Sie sich wirklich mit seiner Arbeit auseinandergesetzt haben und gibt ihm gleichzeitig konstruktives Feedback, was es gut gemacht hat. Es fördert auch die Selbstwahrnehmung des Kindes und hilft ihm, seine eigenen Stärken und Talente zu erkennen.

Die Kommunikations-Expertinnen Adele Faber und Elaine Mazlisch raten dazu, zu beschreiben, was man sieht, denkt und fühlt, anstatt zu loben oder zu tadeln. Das kann beim Haarekämmen so aussehen: „Wenn du den Kopf ruhig hältst, kann ich dir besser die Haare flechten. Die Strähnen rutschen mir sonst aus der Hand“, statt nur zu sagen: „Gut so“ oder „Schluss mit dem Gezappel!“. Diese Methode, die auch im Gespräch mit Erwachsenen Wunder wirkt, fördert das Verständnis und die Kooperation, ohne Druck auszuüben.

Denken Sie daran, dass es nicht immer die großen Erfolge sind, die ein Lob verdienen. Oft sind es die kleinen Schritte, die Anstrengung und der Mut, etwas Neues auszuprobieren, die es wert sind, anerkannt zu werden. Loben Sie Ihr Kind für seine Ausdauer, seine Kreativität, seine Hilfsbereitschaft oder seinen Mut – auch wenn das Ergebnis nicht perfekt ist. So lernt Ihr Kind, dass es nicht nur auf Leistung ankommt, sondern auch auf den Prozess und die persönliche Entwicklung.

Die Keythesis: Anerkennung als Fundament für Selbstwertgefühl

Die Psychologin Dr. Daniela Renger von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat ein Modell der sozialen Anerkennung entwickelt, das auf drei Komponenten basiert: Zuneigung, Respekt und Wertschätzung. Dieses Modell bietet einen wertvollen Rahmen, um die Bedeutung von Lob und Anerkennung in der kindlichen Entwicklung zu verstehen. Es geht darum, Kinder als vollwertige Menschen anzuerkennen und ihnen zu zeigen, dass sie geliebt und respektiert werden – unabhängig von ihren Leistungen.

Die vollwertige Anerkennung eines Kindes besteht aus Zuneigung, Respekt und Wertschätzung, wobei Lob nur eine von mehreren Ausdrucksformen darstellt und immer an Bedingungen geknüpft ist.

Die Anerkennung der Leistung eines Kindes ist wichtig, aber eben nur ein Teil des großen Ganzen. Zuneigung und Respekt sollten immer die Basis bilden. Das bedeutet, dass Sie Ihrem Kind auch dann Ihre Liebe und Unterstützung zeigen, wenn es Fehler macht oder nicht den Erwartungen entspricht. Es bedeutet auch, dass Sie Ihrem Kind zuhören, seine Meinung ernst nehmen und seine Bedürfnisse respektieren. Nur wenn diese drei Komponenten im Gleichgewicht sind, kann ein Kind ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln und sich zu einer selbstbewussten und glücklichen Persönlichkeit entwickeln.

Noten in der Schule sind ein gutes Beispiel, um zu verdeutlichen, wie wichtig es ist, Leistung nicht überzubewerten. Natürlich sind gute Noten erfreulich, aber sie sollten nicht zum einzigen Maßstab für den Wert eines Kindes werden. Eine schlechte Note kann viele Gründe haben und sollte nicht dazu führen, dass das Kind sich minderwertig oder ungeliebt fühlt. Stattdessen sollten Eltern versuchen, den Druck rauszunehmen und mit dem Kind gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Fragen Sie nach der eigenen Einschätzung des Kindes und würdigen Sie Fortschritte, anstatt nur auf das Endergebnis zu schauen. Innerhalb der persönlichen Entwicklung kann eine Drei ein großer Erfolg sein – der als solcher anerkannt werden sollte.

Lob in der Pubertät: Eine neue Herausforderung

Wenn die Kinder älter werden und in die Pubertät kommen, ändert sich auch die Art und Weise, wie sie Lob und Anerkennung wahrnehmen. Teenager sind oft kritischer, empfindlicher und unabhängiger als jüngere Kinder. Sie wollen nicht mehr nur von ihren Eltern gelobt werden, sondern suchen auch Anerkennung bei ihren Freunden, Lehrern und anderen Bezugspersonen. Das bedeutet nicht, dass das Lob der Eltern unwichtig wird, aber es muss anders dosiert und formuliert werden.

In dieser Phase ist es besonders wichtig, authentisch und ehrlich zu sein. Teenager haben ein feines Gespür für Unaufrichtigkeit und reagieren oft ablehnend auf übertriebenes oder aufgesetztes Lob. Stattdessen sollten Eltern versuchen, aufrichtiges Interesse an den Interessen und Leistungen ihrer Kinder zu zeigen. Fragen Sie nach, was sie in der Schule gelernt haben, was sie mit ihren Freunden unternehmen oder welche Hobbys sie haben. Zeigen Sie Respekt für ihre Entscheidungen und Meinungen – auch wenn Sie nicht immer damit einverstanden sind. Ein offenes Ohr und ehrliches Interesse sind oft mehr wert als jedes Lob.

Lassen wir einige Jugendliche und Eltern selbst zu Wort kommen:

  • Lasse, 13: „Letztens hat meine Chemielehrerin mir eine Arbeit zurückgegeben und gesagt, dass sie sehr überrascht gewesen sei, weil die so gut war. Eine Zwei. Ehrlich gesagt war ich auch ziemlich überrascht – und habe mich richtig gefreut! So ein Satz motiviert mich viel mehr als meine Eltern, die eher rummeckern, wenn sie finden, dass ich nicht genug für die Schule mache.“
  • Nadja, 48, Mutter von Nina, 12: „‚Kannst du vielleicht auch mal was Nettes über mich sagen?‘, habe ich unsere Tochter angepflaumt, weil sie wirklich gerade in einer seeehr anstrengenden Phase ist. Pubertät nennt man das, glaub‘ ich … Sie hat wohl gemerkt, dass ich den Tränen nahe war, jedenfalls wurde sie kurz still. Dann hat sie gesagt: ‚Ich finde, du bist eine lustige Mama. Mit dir kann man gut reden … manchmal.‘ Ich glaube, mit diesem Feedback halte ich erst mal noch eine Weile durch …“
  • Eva, 42, Mutter von Nico, 14: „Mein Sohn kaut Fingernägel. In letzter Zeit hat er sich auch sehr zurückgezogen. Ich hab’s auf die Pubertät geschoben. Der Psychologe, zu dem wir jetzt gehen, sieht das anders. Er glaubt, dass ich zu hohe Ansprüche stelle. Als Alleinerziehende war ich tatsächlich immer sehr froh, dass ich mir wenigstens ums Thema Schule keine Sorgen machen musste. Wenn Nico mit einer Zwei ankam, habe ich nachgehakt: ‚Wieso keine Eins?‘ Nur für die gabs dann ein Eis oder ein neues T-Shirt. Ich habs wohl übertrieben und dabei übersehen, was für mein Kind gerade richtig und wichtig ist. Da habe ich jetzt einiges nachzuholen.“
  • Helena, 11: „Ich habe in der Schule eine Kissenhülle genäht – und sie meinem Papa geschenkt, obwohl ich sie auch gern selbst behalten hätte. Er hat sich sehr überschwänglich bedankt. ‚Wow! Die ist ja toll! Ich fühle mich geehrt! Tolles Teil.‘ Aber jetzt liegt mein Geschenk seit Wochen auf seinem Schreibtisch rum – und er benutzt sie gar nicht. Ich bin ein bisschen enttäuscht, weil ich mir wirklich Mühe gegeben habe. Vielleicht nehme ich sie wieder zurück und er kriegt ’ne Tafel Schokolade … oder so was. Das geht immer.“
  • Marcel, 50 Jahre, Vater von Jost, 13: „‚Super‘, ‚toll‘ – so einfach und plump soll man ja nicht loben, weiß ich schon! Aber das ist gar nicht so einfach! Ich bremse mich dann, weil ich natürlich ein vorbildlicher Vater sein will. Aber wenn ich nicht einfach reden kann, wie mir der Schnabel gewachsen ist, dann fehlen mir ab und zu ganz die Worte. Das letzte Mal habe ich meinem Sohn dann einfach gerührt die Schulter getätschelt, als er mir eine Datei gerettet hat, die für immer verloren schien. Ein ‚Danke‘ wäre natürlich auch eine Option gewesen.“

Diese Zitate zeigen, dass Lob in der Pubertät oft subtiler und indirekter sein muss. Es geht darum, Wertschätzung zu zeigen, ohne den Teenager zu bevormunden oder zu kontrollieren. Manchmal ist ein Schulterklopfen, ein anerkennendes Nicken oder ein ehrliches „Danke“ mehr wert als tausend Worte.

Fazit: Die Kunst des ehrlichen Lobes

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ehrliches Lob ein wertvolles Werkzeug in der Kindererziehung ist, aber es will richtig eingesetzt werden. Es geht darum, authentisch zu sein, konkret zu werden, auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes einzugehen und Zuneigung und Respekt als Basis zu schaffen. Loben Sie nicht um des Lobens willen, sondern um Ihrem Kind zu zeigen, dass Sie es sehen, wertschätzen und unterstützen. Und vergessen Sie nicht: Manchmal ist weniger mehr. Ein ehrliches, von Herzen kommendes Lob kann mehr bewirken als eine ganze Flut von unaufrichtigen Floskeln. Indem Sie die Kunst des ehrlichen Lobes beherrschen, können Sie Ihrem Kind helfen, ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln, seine Stärken und Talente zu entfalten und zu einer selbstbewussten und glücklichen Persönlichkeit heranzuwachsen.

QUELLEN

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