Es gibt wohl kaum etwas Schöneres, als in die leuchtenden Augen eines Kindes zu blicken, das gerade ein neues Buch entdeckt hat. Doch der Weg dorthin, vom ersten Buchstaben bis zum flüssigen Lesen, kann steinig sein. Viele Eltern kennen die Herausforderung, ihren Kindern die Freude am Lesen zu vermitteln. Und während es kleine Lesemeister gibt, die scheinbar mühelos durch jedes Buch fliegen, kämpfen andere mit jedem einzelnen Wort. Aber keine Sorge, liebe Mamas: Es gibt Wege, wie Sie Ihrem Kind helfen können, leichter und mit mehr Spaß lesen zu lernen.
Der Schlüssel liegt im Tempo
Stellen Sie sich vor, Ihr Kind sitzt über einem Buch, die Stirn gerunzelt, und müht sich ab, jeden einzelnen Buchstaben zu entziffern. Kennen Sie das? Oft liegt das Problem nicht in mangelnder Intelligenz, sondern im Lesetempo. Studien haben gezeigt, dass schnelle Leser Buchstaben deutlich schneller erkennen und verarbeiten als langsame Leser. Während ein flinker Leser nur etwa 700 Millisekunden benötigt, um einen Buchstaben zu erfassen, braucht ein langsamer Leser fast die Hälfte mehr Zeit. Diese zusätzliche Zeit summiert sich und führt dazu, dass der Leseprozess mühsam und frustrierend wird. Das Ergebnis: Weniger Spaß am Lesen und weniger Motivation, sich weiter damit auseinanderzusetzen. Doch wie können wir das ändern?
Die gute Nachricht ist: Es gibt bewährte Methoden, um das Lesetempo zu verbessern und Ihrem Kind den Spaß am Lesen zurückzugeben. Eine dieser Methoden, das IntraActPlus-Konzept, wurde von den Diplom-Psychologen Dr. Fritz Jansen und Uta Streit entwickelt und basiert auf den Erkenntnissen der psychologischen Grundlagenforschung. Dieses Konzept zielt darauf ab, das Lesen von Anfang an zu automatisieren und im Langzeitgedächtnis zu verankern. Und das Beste daran: Es ist für Kinder jeden Alters geeignet, egal ob Kindergartenkinder, Schulanfänger oder ältere Kinder, die bisher wenig Freude am Lesen hatten.
Kurzzeit- vs. Langzeitgedächtnis: Ein entscheidender Unterschied
Warum fällt es manchen Kindern so schwer, flüssig zu lesen? Ein entscheidender Faktor ist die Art und Weise, wie Informationen im Gehirn verarbeitet werden. Langsame Leser neigen dazu, Buchstaben im Kurzzeitspeicher zu verarbeiten, was bedeutet, dass sie jedes Mal neu überlegen müssen, welche Laute zu den einzelnen Buchstaben gehören. Dieser Prozess ist zeitaufwendig, anstrengend und fehleranfällig. Schnelle Leser hingegen nutzen das Langzeitgedächtnis, wo Informationen bis zu 1000-mal schneller verarbeitet werden können. Sie lesen mühelos, nahezu fehlerfrei und können sich gleichzeitig auf den Inhalt des Textes konzentrieren.
Die Leselern-Methode von Jansen und Streit setzt genau hier an: Sie verhindert, dass Leseanfänger mit dem Kurzzeitspeicher arbeiten, und sorgt dafür, dass jeder einzelne Lernschritt im Langzeitgedächtnis verankert wird. Das bedeutet, dass Ihr Kind das Lesen von Anfang an automatisiert und so die Grundlage für flüssiges und müheloses Lesen schafft.
Die Automatisierung des Leseprozesses ist der Schlüssel, um Kindern die Freude am Lesen zu vermitteln und ihnen den Zugang zu einer Welt voller Wissen und Fantasie zu eröffnen.
Es ist wie beim Fahrradfahren lernen: Am Anfang ist es wackelig und anstrengend, aber mit der Zeit werden die Bewegungen automatisiert und man kann die Fahrt genießen. Genauso ist es beim Lesen: Wenn die Buchstaben und Wörter automatisch erkannt werden, bleibt mehr Raum für das Verstehen und Erleben des Textes. Und genau das ist es, was Kinder zu begeisterten Lesern macht.
Und genau hier setzt die Methode von Dr. Fritz Jansen und Uta Streit an. Die Methode ist für interessierte Kindergartenkinder, Schulanfänger und ältere Kinder geeignet, denen das Lesen keinen Spaß macht. Die Methode besteht aus fünf Schritten:
Fünf Schritte zum Lesevergnügen
Die Leselern-Methode von Jansen und Streit ist ein systematischer Ansatz, der Ihrem Kind hilft, das Lesen Schritt für Schritt zu erlernen und im Langzeitgedächtnis zu verankern. Hier sind die fünf Schritte im Detail:
1. Buchstaben benennen
Aller Anfang ist leicht – zumindest, wenn man es richtig angeht. Anstatt Ihr Kind mit dem gesamten Alphabet zu überfordern, beginnen Sie mit wenigen Buchstaben. Konzentrieren Sie sich zunächst auf die Großbuchstaben, bevor Sie zu den Kleinbuchstaben übergehen. Achten Sie auch auf die Reihenfolge, in der Sie die Buchstaben einführen. Vermeiden Sie Buchstaben, die ähnlich klingen (wie M und N) oder sich ähneln (wie d, b, q, p), da dies zu Verwirrung führen kann. Eine ideale Reihenfolge, die Verwechslungen ausschließt, ist:
A M L U F S I N B O W E R G D H K T Ä P Z Ö V C J Ü X Y
und später
a m l u f s i n b o w e r g d h k t ä p z ö v c j ü x y ß
Ganz wichtig: Nennen Sie die Buchstaben bei ihrem Laut, also „M“ statt „Em“ und „P“ statt „Pe“. Dies hilft Ihrem Kind, die Verbindung zwischen Buchstaben und Lauten herzustellen und das Lesen zu automatisieren.
2. Buchstaben zusammenziehen
Wenn Ihr Kind die ersten Buchstaben sicher beherrscht, können Sie mit dem Zusammenziehen von Buchstaben beginnen. Dieser Schritt ist entscheidend, um das Prinzip des Lesens zu verstehen. Schreiben Sie die Buchstaben A und M auf Kärtchen und zeigen Sie Ihrem Kind, wie man die Laute zusammenzieht. Legen Sie die Kärtchen nebeneinander, legen Sie Ihren Finger auf das M und sagen Sie „M“. Schieben Sie den Finger auf das A und sagen Sie „A“. Wiederholen Sie dies mehrmals und ziehen Sie die Buchstaben schließlich zu „MA“ zusammen. Achten Sie darauf, dass Ihr Kind Ihrem Finger mit den Augen folgt, um den Vorgang zu verinnerlichen.
3. Die Blickrichtung beim Lesen richtig steuern
Gute Leser können mehrere Buchstaben auf einmal erfassen und gleichzeitig die Bedeutung des Wortes verstehen. Anfänger hingegen fixieren den Blick auf jeden einzelnen Buchstaben, was den Leseprozess verlangsamt. Um die Augenbewegung zu verbessern, ist es wichtig, dass Ihr Kind von Anfang an von links nach rechts liest. Vermeiden Sie Spielereien in der Textgestaltung, die den Blick ablenken könnten.
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4. Erste Wörter und Texte lesen
Wenn Ihr Kind einfache Wörter sicher lesen kann, ist es an der Zeit, mit ersten Texten zu beginnen. Achten Sie darauf, dass die Texte kurz, einfach und altersgerecht sind. Verwenden Sie eine große Schrift und deutliche Bilder, um das Interesse Ihres Kindes zu wecken. Vermeiden Sie Wörter mit ungewöhnlichen Buchstabenkombinationen oder schwierigen Aussprachen. Und vor allem: Loben Sie Ihr Kind für jeden Fortschritt, egal wie klein er auch sein mag!
Hier ein paar Punkte, die sicherstellen, dass die Texte ideal für Leseanfänger sind:
- Die Sätze sind kurz
- In den Sätzen kommen nur Wörter vor, die das Kind schon kennt
- Die Schrift ist groß
- Es gibt viele Bilder, die den Text veranschaulichen
- Es werden immer nur wenige Zeilen Text angeboten
5. Verstehen, was man liest
Das Lesen ist mehr als nur das Entziffern von Buchstaben. Es geht darum, den Inhalt des Textes zu verstehen und sich mit ihm auseinanderzusetzen. Viele Kinder haben jedoch Schwierigkeiten, das Gelesene zu verstehen, weil sie so viel Energie für die Technik des Lesens aufwenden müssen. Um dies zu vermeiden, ist es wichtig, dass Sie Ihrem Kind regelmäßig vorlesen und ihm zeigen, wie viel Spaß das Lesen machen kann. Lesen Sie abwechselnd vor und besprechen Sie den Inhalt des Textes. Stellen Sie Fragen, regen Sie zum Nachdenken an und ermutigen Sie Ihr Kind, seine eigenen Gedanken und Gefühle auszudrücken. So wird das Lesen zu einem gemeinsamen Erlebnis und Ihr Kind lernt, den Sinn des Gelesenen zu erfassen.
Fazit: Mit Geduld und Freude zum Leseerfolg
Das Lesenlernen ist ein Prozess, der Zeit, Geduld und vor allem Freude erfordert. Mit der richtigen Methode und Ihrer liebevollen Unterstützung kann Ihr Kind jedoch zu einem begeisterten Leser werden. Die Leselern-Methode von Jansen und Streit bietet einen systematischen Ansatz, der das Lesen von Anfang an automatisiert und im Langzeitgedächtnis verankert. Durch das Benennen von Buchstaben, das Zusammenziehen von Lauten, das Steuern der Blickrichtung und das Lesen einfacher Wörter und Texte lernt Ihr Kind Schritt für Schritt, das Lesen zu meistern. Und das Wichtigste: Vergessen Sie nicht, Ihrem Kind regelmäßig vorzulesen und ihm zu zeigen, wie viel Spaß das Lesen machen kann. So legen Sie den Grundstein für eine lebenslange Liebe zu Büchern und Geschichten.
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