Schulstress bewältigen: Tipps für Eltern und Kinder

Der Schulalltag ist oft ein Marathon, nicht nur für unsere Kinder, sondern auch für uns Eltern. Hausaufgaben, Tests, soziale Interaktionen – die Liste der Herausforderungen ist lang. Und während wir unsere Kinder ermutigen, neugierig und wissbegierig zu sein, vergessen wir oft, ihnen beizubringen, wie sie auch mal abschalten können. Doch genau das ist entscheidend, damit sie nicht nur gut durch die Schule kommen, sondern auch gesund und ausgeglichen bleiben. Wie können wir also unseren Kindern helfen, Schulstress spielerisch abzubauen und sie gleichzeitig für die Herausforderungen des Lebens zu stärken? Dieser Frage wollen wir heute auf den Grund gehen.

Die Stressfalle: Wenn der Schulalltag zur Belastung wird

Es ist alarmierend: Jedes vierte Grundschulkind klagt mehrmals pro Woche über Stresssymptome. Kopfschmerzen, Bauchweh, Schlafprobleme, Appetitlosigkeit – das sind Warnsignale, die wir ernst nehmen sollten. Die Ursachen sind vielfältig: Probleme in der Schule, Leistungsdruck, Überforderung, Konflikte mit Freunden oder in der Familie, und nicht zuletzt übervolle Terminkalender am Nachmittag. Kinder sind heutzutage oft von einem Termin zum nächsten unterwegs, ohne Zeit für freies Spiel oder Entspannung. Das Ergebnis ist ein Teufelskreis aus Stress und Erschöpfung, der sich negativ auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden auswirkt. Wir als Eltern stehen in der Pflicht, diese Entwicklung zu erkennen und gegenzusteuern.

Aber wie können wir das schaffen, ohne unsere Kinder in Watte zu packen? Schließlich wollen wir sie ja auch auf das Leben vorbereiten. Professor Arnold Lohaus, ein Experte für Stressprävention, rät dazu, Kinder gezielt zu stärken – und zwar so früh wie möglich. Am besten schon im Vorschulalter. Denn je früher Kinder lernen, mit Stress umzugehen, desto besser sind sie für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet. Und das bedeutet nicht, ihnen einfach nur Entspannungstechniken beizubringen, sondern ihnen zu helfen, ein gesundes Verhältnis zu Leistung, Freizeit und ihren eigenen Bedürfnissen zu entwickeln.

Stressoren erkennen: Der erste Schritt zur Entspannung

Ein Kind, das sich überfordert fühlt, kann oft gar nicht genau sagen, warum. Es spürt nur ein diffuses Gefühl von Unbehagen und Anspannung. Deshalb ist es wichtig, dass Kinder lernen, Stress zu erkennen und zu benennen. Nur so können sie aktiv etwas dagegen unternehmen. Als Eltern können wir sie dabei unterstützen, indem wir gemeinsam überlegen, in welchen Situationen Stress entsteht und wie sich das anfühlt. Wir können ihnen von unseren eigenen Erfahrungen erzählen und ihnen zeigen, dass auch wir manchmal gestresst sind. Das nimmt ihnen die Angst, über ihre Gefühle zu sprechen, und hilft ihnen, sich verstanden zu fühlen. Eine offene und ehrliche Kommunikation ist der Schlüssel, um Stressoren aufzudecken und gemeinsam Lösungen zu finden.

Um konkrete Stresssituationen genauer zu analysieren, können wir uns folgende Fragen stellen:

  • Was ist da genau passiert?
  • Welches Gefühl hat das in dir erzeugt?
  • Möchtest du damit demnächst anders umgehen?

Diese Fragen helfen Kindern, die Situation zu reflektieren und ihre eigenen Gefühle besser zu verstehen. Sie lernen, die Verbindung zwischen Ereignis und Emotion herzustellen und entwickeln ein Bewusstsein für ihre eigenen Stressmuster. Und das ist die Grundlage, um Strategien zur Stressbewältigung zu entwickeln.

Die Fähigkeit, Stressoren zu erkennen und zu benennen, ist der erste Schritt zur Entwicklung von Resilienz und einem gesunden Umgang mit Belastungen.

Eine spielerische Methode, um die Wahrnehmung zu stärken, ist das sogenannte „Wahrnehmungs-stärken-Spiel“. Es hilft Kindern, Anspannung und Angst auf ihre Ursachen zurückzuführen, indem es Situationen mit Gefühlen verbindet. Alles, was man dazu braucht, ist ein Ball und ein paar Satzanfänge, die kritische Momente im Kinderleben beschreiben. Zum Beispiel: „Wenn ich nachmittags keine Zeit zum Spielen habe …“ Das Kind fängt den Ball und beendet den Satz, etwa so: „… mag ich abends nicht ins Bett gehen, weil mir etwas fehlt.“

Hier sind weitere Beispiele für Satzanfänge, die zum Nachdenken anregen:

  • Wenn ich mich mit jemandem gestritten habe …
  • Wenn andere über mich lachen …
  • Wenn andere etwas besser können als ich …
  • Wenn ich nicht mitspielen darf …
  • Wenn ich müde bin …
  • Wenn mir etwas gar nicht gelingt …
  • Wenn mir etwas Blödes passiert ist …

Notieren Sie sich die Antworten Ihres Kindes und überlegen Sie anschließend gemeinsam, ob und wie man auch anders reagieren könnte. Zeigen Sie Ihrem Kind, dass unterschiedliche Menschen in denselben Situationen verschiedene Gefühle haben können. Das fördert die Empathie und hilft ihm, seine eigenen Gefühle besser einzuordnen.

Stressige Situationen verändern: Probleme aktiv angehen

Nichts stärkt Kinder besser gegen Stress, als Probleme direkt anzugehen. Doch das fällt ihnen oft schwer, weil sie noch nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügen, um Lösungsmöglichkeiten zu erkennen. Hier können wir als Eltern helfen, indem wir gemeinsam mit unseren Kindern schwierige Situationen analysieren und nach verschiedenen Lösungsansätzen suchen. Der Trick dabei ist, die eigene Perspektive zu verlassen und die Sache aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Das gelingt auch schon Fünf- oder Sechsjährigen, wenn man ihnen zeigt, dass sie dazu in eine andere Rolle schlüpfen können.

Fragen Sie Ihr Kind:

  • Was würdest du tun, um das Problem zu lösen?
  • Was tun andere in so einem Fall?
  • Was würde Superman machen?
  • Welche Lösung könnte funktionieren?
  • Worauf musst du achten, wenn du es ausprobierst?
  • Wer könnte dir dabei helfen?

Diese Fragen regen zum Nachdenken an und fördern die Kreativität. Sie helfen Kindern, verschiedene Perspektiven einzunehmen und neue Lösungswege zu entdecken. Und das stärkt ihr Selbstvertrauen und ihre Fähigkeit, mit schwierigen Situationen umzugehen.

Ein Kind liegt entspannt auf einer Wiese.
Ruhe und Entspannung für eine erfolgreiche Schullaufbahn

Ein weiteres hilfreiches Werkzeug ist das „Eine-gute-Lösung-finden-Spiel“. Dabei schildern Sie in kurzen Sätzen eine knifflige Situation, die Ihr Kind zurzeit beschäftigt. Ändern Sie aber Namen und Orte, um das Spiel abstrakter zu gestalten. Zum Beispiel: „Komm, wir spielen, dass du ein Kind bist, das gern Fußball spielen möchte. Mir gehört der Ball, und ich will dich nicht mitmachen lassen. Was machst du jetzt?“ Oder: „Du bist ein Kind aus dem Kindergarten. Morgens hast du den Fußball aus Versehen in die Glastür geschossen. Deine Mutter holt dich ab. Ich spiele die Mutter, und du siehst mich in den Gruppenraum kommen. Wie geht’s weiter?“

Spielen Sie die Situation gemeinsam durch und tauschen Sie anschließend die Rollen. Ein Gespräch über das Erlebte schließt das Spiel ab. Fragen Sie Ihr Kind: „Welche Lösung gefiel dir am besten?“ „Was würdest du in Wirklichkeit ausprobieren wollen?“ Durch das Rollenspiel lernen Kinder, sich in andere hineinzuversetzen und verschiedene Handlungsoptionen auszuprobieren. Sie entwickeln ein besseres Verständnis für soziale Situationen und lernen, Konflikte konstruktiv zu lösen. Und das ist eine wertvolle Fähigkeit, die ihnen nicht nur in der Schule, sondern auch im späteren Leben zugutekommt.

Entspannung finden: Die eigenen Bedürfnisse erkennen und respektieren

Kinder wissen oft nicht, wie viel sie sich zumuten können. Sie müssen erst lernen, dass man sich immer wieder für und damit zwangsläufig auch gegen etwas entscheiden muss. Es passt einfach nicht alles in einen Tag, was man gerne unterbringen würde. Nach der Einschulung nimmt dieses Problem leider zu, wenn der Druck vermeintlich steigt.
Als Eltern können wir unsere Kinder dabei unterstützen, indem wir ihnen helfen, ihre Nachmittagsaktivitäten bewusst auszuwählen. Wir können gemeinsam überlegen, was ihnen wichtig ist (zum Beispiel Freundschaften pflegen, Zeit für Muße, Zeit zum Toben) und was möglich ist. Wie viel Zeit muss für die eine oder andere Sache eingeplant werden, damit sie gut erledigt werden kann oder wirklich Spaß macht? Zeigen Sie Ihrem Kind, wie es unterscheiden kann, was ihm nachhaltig guttut und was ein kurzfristiger Spaß ist. Was schöne Gefühle macht, finden Sie gemeinsam mit diesen Fragen heraus:

  • Wann hast du dich das letzte Mal ganz toll gefühlt?
  • Warum ging es dir da so gut?
  • Wie lange hat das Gefühl angehalten?
  • Wie fühlt sich das genau an, wenn es dir gut geht?

Diese Fragen helfen Kindern, ihre eigenen Bedürfnisse besser wahrzunehmen und zu erkennen, was ihnen wirklich guttut. Sie lernen, ihre eigenen Grenzen zu respektieren und sich nicht von äußeren Erwartungen unter Druck setzen zu lassen. Und das ist eine wichtige Voraussetzung für ein gesundes und ausgeglichenes Leben.

Eine kreative Methode, um Entspannungsmöglichkeiten zu visualisieren, ist das „Ich-entspanne-mich-Spiel“. Für ein Entspannungsposter braucht man einen großen Bogen Papier, Farbe, Pinsel, Zeitschriften, Kataloge, Klebstoff und Schere. Auf das Papier malt und klebt Ihr Kind alles, was ihm guttut, wenn es ihm schlecht geht. Es sollte sich ruhig ein paar Tage Zeit lassen, bis das Poster fertig ist. Denn es gibt so viele verschiedene schöne Dinge, die man tun kann, dass sie einem selten alle auf einmal einfallen.

Wichtig ist, dass Ihr Kind möglichst alle Sinne berücksichtigt, weil die unterschiedlichen Sinneskanäle auch unterschiedlich auf Körper, Geist und Seele wirken. Das könnten ein paar Beispiele für die Liste sein:

  • Musik machen oder einfach nur hören
  • Bücher mit schönen Bildern betrachten
  • Ein Hörspiel hören
  • Etwas Leckeres essen/ trinken
  • Eine Überraschung für jemand anders vorbereiten
  • Auf dem Bett liegen und träumen
  • Ein Bad nehmen
  • Einen schönen Duft für die Duftlampe auswählen
  • Durch den Garten laufen
  • Auf einen Baum klettern und oben eine Weile sitzen bleiben
  • Eine Blume betrachten
  • Mit dem Haustier kuscheln
  • Mama oder Papa in den Arm nehmen
  • Ganz laut schreien
  • So schnell rennen wie möglich
  • Ein Bild malen usw.

In den Tagen, in denen Ihr Kind sein Entspannungsposter bastelt, sollten Sie es immer mal wieder darauf ansprechen und es bei der Suche nach Entspannungsmöglichkeiten unterstützen. Am besten helfen Sie ihm mit Fragen weiter. Denn jeder kann nur für sich selbst herausfinden, was ihm guttut. Das gilt auch schon für Vorschulkinder! Übrigens spricht nichts dagegen, dass auch Sie sich Ihr eigenes Entspannungsposter gestalten!

Fazit: Spielerisch zu mehr Entspannung und einem starken Selbstbewusstsein

Die Schulzeit ist eine prägende Phase im Leben unserer Kinder, die aber auch mit Stress und Herausforderungen verbunden sein kann. Umso wichtiger ist es, dass wir sie dabei unterstützen, ein gesundes Verhältnis zu Leistung, Freizeit und ihren eigenen Bedürfnissen zu entwickeln. Spielerische Anti-Stress-Strategien können dabei helfen, Stressoren zu erkennen, Probleme aktiv anzugehen und Entspannung zu finden. Indem wir unseren Kindern die Werkzeuge an die Hand geben, mit denen sie ihre eigenen Gefühle besser verstehen, ihre Bedürfnisse respektieren und ihre Probleme selbstständig lösen können, stärken wir nicht nur ihre Resilienz, sondern auch ihr Selbstvertrauen und ihre Fähigkeit, ein erfülltes und ausgeglichenes Leben zu führen. Und das ist das größte Geschenk, das wir ihnen mit auf den Weg geben können.

QUELLEN

Eltern.de

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