Wie Kinder ihre Ängste überwinden und mutig werden können

Der Spielplatz wird zur Mutprobe, die Kletterwand zum unüberwindbaren Hindernis – viele Mütter kennen das Gefühl, wenn ihr Kind sich selbst im Weg steht. Die Angst vor dem Unbekannten, die Furcht vor dem Scheitern, sie können den kleinen Entdeckergeist ganz schön ausbremsen. Doch wie viel „Du schaffst das schon!“ ist angebracht, wenn ein kleines Herz immer wieder „Ich trau mich nicht!“ flüstert? Dieser Frage wollen wir heute auf den Grund gehen, denn es gibt Wege, wie wir unsere Kinder liebevoll unterstützen können, ihre Ängste zu überwinden und mutig ihren eigenen Weg zu gehen.

Die Angst als unsichtbare Barriere

Es gibt Kinder, die von Natur aus vorsichtiger sind als andere. Während manche sich furchtlos in jedes Abenteuer stürzen, beobachten andere lieber erst einmal aus sicherer Entfernung. Das ist völlig in Ordnung, denn jedes Kind hat sein eigenes Tempo und seinen eigenen Charakter. Doch was, wenn die Vorsicht zur Bremse wird? Wenn das Kind eigentlich gerne mitmachen würde, sich aber nicht traut? Wenn die Angst vor dem Scheitern größer ist als die Lust am Entdecken?

Eine Mutter erzählt, wie ihr Sohn schon als Baby eher zurückhaltend war. Während andere Kinder auf dem Spielplatz herumturnten, saß er lieber neben ihr und schaute zu. Klettern, springen, rennen – all das war nicht so seins. Die Mutter beobachtete, dass ihr Sohn durch seine Ängstlichkeit viele Erfahrungen verpasste. Schwimmkurse und Musikschule mussten abgebrochen werden, weil er nicht ohne sie dableiben wollte. Auf dem Spielplatz spielte er allein im Sandkasten, während die anderen die Kletterspinne eroberten. Fahrgeschäfte im Freizeitpark? Nein, danke! Und auch im Fußballverein hielt es ihn nicht lange, weil ihm der Körperkontakt mit den anderen Kindern unangenehm war. Die Liste der Dinge, die ihrem Sohn eigentlich gefielen, aber aufgrund seiner Ängstlichkeit nicht möglich waren, wurde immer länger. Sie erkannte, dass er sich selbst im Weg stand.

Die Angst vor dem Versagen als Teufelskreis

Häufig steckt hinter der Angst vor dem Unbekannten die Sorge, etwas falsch zu machen. Das Kind fürchtet sich davor, nicht gut genug zu sein, nicht abzuliefern, nicht zu performen. Und wählt als Ausweg die komplette Vermeidung. Die kindliche Logik dahinter ist erschreckend einfach: „Ich kann etwas nicht, also will ich es auch nicht ausprobieren. Denn wenn ich es versuche, werde ich ja damit konfrontiert, dass ich es noch nicht kann.“

Besonders deutlich wurde das bei der Suche nach einer passenden Sportart. Die Mutter versuchte es mit Einzelsportarten wie Kindertanz, Yoga oder Klettern, um den direkten Konkurrenzkampf zu vermeiden. Doch das Problem war nicht der Vergleich mit den anderen, sondern die Vorstellungskraft des Sohnes. Als er einmal davon erzählte, dass er gerne Reiten lernen würde und die Mutter daraufhin einen Reitstall aussuchte, brach er in Tränen aus. Er wolle doch lieber keine Reitstunden nehmen, weil er ja nicht reiten könne. Bevor er überhaupt einmal auf einem Pferd gesessen hatte, setzte ihn sein eigenes Gedankenkarussell schon unter Druck.

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Die Gratwanderung zwischen Schutz und Förderung

Eltern stehen oft vor der schwierigen Aufgabe, ihre Kinder vor Gefahren zu schützen und ihnen gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, eigene Erfahrungen zu sammeln. Es ist ein Balanceakt zwischen Geborgenheit und Freiheit, zwischen Loslassen und Festhalten. Doch wie findet man das richtige Maß?

Lange Zeit war die Mutter überzeugt, dass Selbstvertrauen durch Sicherheit entsteht. Sie nahm ihren Sohn an, wie er war, bestärkte ihn, drängte ihn aber nicht. Sie dachte, dass er sich schon von selbst entwickeln würde, jedes Kind in seinem eigenen Tempo. Doch dann musste sie sich eingestehen, dass sie ihm durch diese Haltung immer seltener die Möglichkeit gab, seine eigenen Grenzen zu überschreiten. Angst vor Wasser? Dann gehen wir eben nicht schwimmen. Die Mutter schloss sich der Vermeidungsstrategie an, was die Zurückhaltung ihres Sohnes aber eher verstärkte, als sie zu mildern. Sie merkte, dass sie auf dem falschen Weg war.

„Es geht darum, unseren Kindern die Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen sie ihre Ängste bewältigen können. Nicht, indem wir die Ängste für sie aus dem Weg räumen, sondern indem wir ihnen zeigen, wie sie selbst damit umgehen können.“

Der sanfte Schubs als Schlüssel zum Erfolg

Es ist wichtig, Kinder nicht zu überfordern, sondern sie in kleinen Schritten an neue Herausforderungen heranzuführen. Ein sanfter Schubs kann manchmal Wunder wirken, um die Angst zu überwinden und das Selbstvertrauen zu stärken. Wichtig dabei ist, dass das Kind sich nicht gezwungen fühlt, sondern die Möglichkeit hat, selbst zu entscheiden.

Die Mutter wagte einen Kurswechsel. Nach einem Probetraining beim Judo war ihr Sohn begeistert, wollte die nächste Trainingseinheit dann aber doch lieber ausfallen lassen. Die Gründe waren altbekannt. Doch dieses Mal gab die Mutter nicht nach, sondern bot einen Kompromiss an: Sie gehen zum Training, mindestens für drei Wochen. Wenn es danach immer noch eine Qual ist, lassen sie es bleiben. Sie bot ihm also einen überschaubaren Zeitrahmen und eine Ausstiegsoption an – und es funktionierte. Bereits nach der zweiten Einheit war der Sohn wie ausgewechselt, als wäre eine innere Barriere gefallen. Er hatte sich seiner Angst gestellt und festgestellt, dass er sie überwinden kann. „Ich kann das, es macht mir Freude“ – was für ein Erfolgserlebnis! Gleichzeitig lernte er anschaulich, dass jeder mal bei null anfängt und man Dinge eben nur lernen kann, wenn man sie auch ausprobiert und übt.

Die Rolle der Eltern: Vorbild und Unterstützer

Eltern spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des Selbstvertrauens ihrer Kinder. Sie sind Vorbilder, Unterstützer und Coaches. Es ist wichtig, die Ängste der Kinder ernst zu nehmen, ihnen zuzuhören und sie zu ermutigen, ihre eigenen Erfahrungen zu machen. Gleichzeitig sollten Eltern ihre eigenen Ängste reflektieren und versuchen, sie nicht auf ihre Kinder zu übertragen.

Die Mutter musste sich eingestehen, dass sie selbst nicht ganz unbeteiligt daran war, dass ihr Sohn eine gewisse Übervorsicht entwickelt hatte. Sie war eines dieser Elternteile, die ihren Kindern auf dem Spielplatz hinterherrufen, sie mögen nicht so weit nach oben klettern. Sie hing am Fenster und schaute raus, ob alles in Ordnung war, wenn die Kinder allein im Innenhof spielten. Obwohl es natürlich in Ordnung war, konnte sie sich nicht gänzlich frei machen von den Worst-Case-Szenarien, die in ihrem Kopf abliefen. Sie erkannte, dass ihre eigene Vorsicht, ihre generellen Unsicherheiten beim ersten Kind und die Tatsache, dass ihr Sohn von Natur aus eher zurückhaltend war, dazu geführt hatten, dass sie sich in einer Spirale aus gegenseitiger Angstverstärkung und Vermeidungsstrategien wiedergefunden hatten.

Die Mischung macht’s: Geduld, Anschub, Selbstreflexion

Es gibt keine Patentlösung, um Kindern zu helfen, ihre Ängste zu überwinden. Jedes Kind ist anders und braucht eine individuelle Herangehensweise. Wichtig ist eine ausgewogene Balance aus Respektieren der Angst und dem Erweitern des Handlungsspielraumes. Ein Balanceakt zwischen Geduld und sanftem Druck. Dabei ergibt sich von Situation zu Situation wieder die Frage: Wann ist es Zeit für einen Schubs und wann müssen wir unserem Kind einfach Zeit geben?

Wann wird Angst zum Problem?

Es ist normal, dass Kinder Ängste haben. Trennungsangst, Angst vor Dunkelheit, Geräuschen, Tieren oder dem Alleinsein – all das ist weder außergewöhnlich noch besorgniserregend. Ebenso wie die Furcht vor Fantasiewesen wie dem Monster unter dem Bett. Mit dem Schulalter verschwinden diese Ängste in der Regel und werden durch andere, alterstypische ersetzt: Es geht um Freunde, Schule, Gesundheit. Wichtig ist, dass Ängste das Leben nicht bestimmen und ein Kind davon abhalten, Dinge zu tun, die es eigentlich gerne tun würde. Warnzeichen sind zudem, wenn die Angst unangemessen und unbegründet erscheint. Wenn Sie unsicher sind, suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Kinderarzt oder einem Therapeuten.

Fazit: Mut zur Veränderung

Kinder, die sich selbst im Weg stehen, brauchen vor allem eins: Mut. Mut, sich ihren Ängsten zu stellen, Mut, neue Erfahrungen zu sammeln, Mut, auch mal Fehler zu machen. Als Eltern können wir sie dabei unterstützen, indem wir ihnen Geborgenheit und Sicherheit geben, sie ermutigen und ihnen gleichzeitig die Möglichkeit geben, ihre eigenen Grenzen zu überwinden. Es ist ein Balanceakt zwischen Schutz und Förderung, zwischen Loslassen und Festhalten. Aber wenn wir unseren Kindern die Werkzeuge an die Hand geben, mit denen sie ihre Ängste bewältigen können, dann können sie zu selbstbewussten und starken Persönlichkeiten heranwachsen.

Dazu gehört, die Ängste der Kinder ernst zu nehmen und ihnen zuzuhören, sie zu ermutigen und ihnen gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen Erfahrungen zu machen. Eltern sollten ihre eigenen Ängste reflektieren und versuchen, sie nicht auf ihre Kinder zu übertragen. Eine ausgewogene Balance aus Respektieren der Angst und dem Erweitern des Handlungsspielraumes ist entscheidend. Es gibt keine Patentlösung, um Kindern zu helfen, ihre Ängste zu überwinden. Jedes Kind ist anders und braucht eine individuelle Herangehensweise. Wichtig ist eine ausgewogene Balance aus Respektieren der Angst und dem Erweitern des Handlungsspielraumes. Ein Balanceakt zwischen Geduld und sanftem Druck.

QUELLEN

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