Wählerische Esser: Tipps für Eltern rund um den Esstisch

Es ist ein bekanntes Szenario auf Spielplätzen und in Elterngruppen: Gespräche drehen sich oft um die kleinen Feinschmecker, die bei Tisch die Nase rümpfen. Zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr entwickeln viele Kinder wählerische Essgewohnheiten. Doch hinter jedem kleinen Gourmet mit Vorlieben und Abneigungen steckt eine ganz eigene Geschichte. Warum verweigert mein Kind plötzlich das Essen? Und wie kann ich ihm auf spielerische Weise neue Geschmäcker näherbringen?

Die vielen Gesichter des wählerischen Essers

Es gibt nicht den einen, typischen „Picky Eater“. Vielmehr lassen sich verschiedene Kategorien unterscheiden, die jeweils unterschiedliche Ursachen und Lösungsansätze erfordern. Vom Kind, das einst alles aß und nun plötzlich zum Verweigerer wird, bis zum kleinen „Texturexperten“, der bei jeder Mahlzeit eine sensorische Herausforderung sieht – die Vielfalt ist groß. Jede dieser Phasen ist eine Herausforderung für Eltern, die oft ratlos und frustriert vor vollen Tellern sitzen. Doch keine Sorge, es gibt Wege, um diese Situationen zu meistern und die Freude am Essen wieder in den Mittelpunkt zu rücken.

Essensauswahl für Kinder

Essensauswahl für Kinder

Die gute Nachricht ist: Fast jede Phase ist überwindbar. Wichtig ist, die individuellen Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und darauf einzugehen. Druck und Zwang sind dabei kontraproduktiv. Vielmehr gilt es, eine entspannte Atmosphäre zu schaffen und das Essen spielerisch zu gestalten. Denn Essen soll Spaß machen – und das gilt für Kinder und Eltern gleichermaßen. Indem wir die Ursachen für das wählerische Essverhalten verstehen und gezielte Strategien anwenden, können wir unseren Kindern helfen, eine gesunde und ausgewogene Ernährung zu entwickeln.

Der Regressierer: Plötzlicher Sinneswandel am Esstisch

Erinnern Sie sich noch an die Zeit, als Ihr Baby alles probiert hat und Sie stolz darauf waren, wie vielfältig sein Geschmackssinn ist? Doch plötzlich, etwa mit zwei Jahren, scheint sich das Blatt zu wenden. Das Kind verweigert plötzlich alles, was es vorher geliebt hat, und die Mahlzeiten werden zum Machtkampf. War all die Mühe umsonst?

Tatsächlich zeigen Studien, dass Kinder, die frühzeitig viele verschiedene Geschmacksrichtungen kennenlernen, später eher eine breite Palette an Lebensmitteln genießen. Doch ab etwa 18 Monaten kann sich das Essverhalten plötzlich ändern. Ein Grund dafür ist, dass sich das Wachstumstempo verlangsamt und der Appetit der Kinder dadurch variiert. Es ist völlig normal, wenn ein Kind an einem Tag viel isst und am nächsten kaum etwas zu sich nimmt. In diesem Alter entdecken Kinder auch ihre Fähigkeit, das Verhalten ihrer Eltern zu beeinflussen. Das Ablehnen von Essen ist eine Möglichkeit, ihre neu gewonnene Macht auszuüben.

Was also tun, wenn das Kind plötzlich die Lieblingsspeisen von gestern verschmäht? Auf keinen Fall die Lebensmittel von der Liste streichen! Bieten Sie sie weiterhin an, auch wenn sie nicht sofort gegessen werden. Vielleicht mag Ihr Kind sie nächste Woche, nächsten Monat oder sogar erst im nächsten Jahr wieder. Wichtig ist, eine entspannte Atmosphäre zu schaffen und keinen Druck auszuüben. Servieren Sie die Speisen auf unterschiedliche Art und Weise, vielleicht in lustigen Formen oder zusammen mit anderen Lebensmitteln. Bleiben Sie geduldig und bieten Sie die Speisen immer wieder an – irgendwann wird Ihr Kind vielleicht doch wieder zugreifen.

Der Geschmacksverächter: Wenn nur noch fade Kost akzeptiert wird

Ihr Kind isst am liebsten Brot mit Butter, Cracker und Cornflakes mit Milch? Ab und zu lässt es sich vielleicht noch zu ein paar Bissen Rührei überreden, aber das ist jedes Mal ein Kampf? Haben Sie sich damit abgefunden, für immer nur noch fade Speisen zu servieren?

Viele Kleinkinder haben eine natürliche Abneigung gegen stark gewürzte Speisen. Das ist evolutionär bedingt: Als unsere Vorfahren alt genug waren, um sich von ihren Eltern zu entfernen, wäre es fatal gewesen, wenn sie jedes Blatt und jede Beere wahllos probiert hätten. Kinder werden also wählerischer, sobald sie mobiler werden, besonders wenn es um bittere Aromen geht – Gemüse lässt grüßen! Wenn Kinder anfangen, wählerisch zu sein, bieten Eltern oft vorwiegend einfache, fade Speisen an. Werden diese Vorlieben jedoch ständig befriedigt, ist es unwahrscheinlicher, dass Kinder ihren Geschmackshorizont erweitern.

Das Geheimnis liegt darin, den kleinen Feinschmeckern die Welt der Aromen auf spielerische und geduldige Weise näherzubringen, ohne Druck und Zwang.

Versuchen Sie, die Geschmacksknospen Ihres Kindes langsam an komplexere Aromen zu gewöhnen. Wenn Ihr Kind Pasta mit Butter mag, bieten Sie sie mit Olivenöl an. Sobald das akzeptiert wird, können Sie etwas Parmesan hinzufügen. Als eine Mutter ihren Töchtern ein thailändisches Curry-Gericht näherbrachte, verwendete sie anfangs mehr Kokosmilch und erhöhte nach und nach den Curryanteil. Sie müssen diese Veränderungen nicht ankündigen, sollten aber ehrlich antworten, wenn Ihr Kind fragt. Kinder lernen durch Nachahmung und fühlen sich sicherer, wenn ihre Eltern offensichtlich das gleiche Essen genießen. Und nicht vergessen: Die Präsentation macht den Unterschied! Ein liebevoll angerichteter Teller mit bunten Gemüsesorten kann Wunder wirken.

Natürlich wird nicht jedes Kind sofort alles probieren, egal wie Sie es zubereiten. Lassen Sie es sich mit dem Essen vertraut machen, indem es daran riecht, es berührt und daran leckt. Beziehen Sie Ihr Kind in die Zubereitung der Mahlzeiten ein, damit es das Essen erleben kann, ohne es gleich essen zu müssen. Auch das Basteln mit Lebensmitteln ist eine tolle Möglichkeit, sie zu erkunden. Bauen Sie ein Haus aus Spargel oder gestalten Sie einen Brokkoli-Dschungel. Kleine Löffel geben Kindern mehr Kontrolle, wenn sie sich doch dazu entschließen, einen Bissen zu probieren.

Der Trinkspecht: Wenn Trinken wichtiger ist als Essen

Ihr Kind trinkt lieber als zu essen und bevorzugt den ganzen Tag Milch? Sie denken, es ist nur eine Phase und sind froh, dass es wenigstens Milch trinkt? Aber an festes Essen ist es kaum interessiert?

Das ist ein häufiges Problem, denn kleine Kinder haben vor allem eines im Sinn: Spielen! Da geht das Trinken schneller als das Essen. Da Milch als nahrhaft gilt, machen sich Eltern oft keine Sorgen, wenn ihr Kind viel davon trinkt. So gewöhnt es sich schnell daran, den ganzen Tag über Milch zu trinken. Milch ist zwar ein gesundes Getränk, kann aber sättigen und dazu führen, dass Ihr Kind weniger feste Nahrung zu sich nimmt. Es ist ratsam, dies mit Ihrem Kinderarzt zu besprechen. Manchmal steckt auch eine unerkannte Zungenfehlbildung oder eine motorische Störung dahinter, die das Kauen erschwert.

Sobald diese Ursachen ausgeschlossen sind, sollten Sie die Trinkgewohnheiten Ihres Kindes überdenken. Geben Sie ihm nur noch zu den Mahlzeiten eine kleine Tasse Milch. Wenn es diese zuerst austrinkt, bieten Sie ihm beim nächsten Mal Wasser zum Essen an und die Milch erst danach. Da Ihr Kind wahrscheinlich lieber spielen möchte, als am Tisch zu sitzen, kann es hilfreich sein, einen Timer auf sieben bis zehn Minuten zu stellen und es zu bitten, so lange mit der Familie am Tisch zu sitzen. Danach darf es spielen gehen, egal ob es gegessen hat oder nicht. Nach und nach können Sie die Zeit am Tisch verlängern.

Diese Umstellung erfordert Geduld und Konsequenz. Es ist wichtig, dass Sie als Elternteil ein gutes Vorbild sind und selbst eine ausgewogene Ernährung praktizieren. Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Essen ein Genuss ist und eine gemeinsame Aktivität sein kann. Mit diesen Tipps können Sie Ihrem Kind helfen, seine Trinkgewohnheiten zu überdenken und eine gesunde Balance zwischen Trinken und Essen zu finden.

Der Super-Fühler: Wenn Texturen zum Problem werden

Ihr Kind hat große Probleme mit bestimmten Texturen? Karotten sind zu hart, Joghurt zu schleimig und Gurken zu glatt? Jede Mahlzeit scheint ein Kampf zu sein, um etwas zu finden, das es toleriert?

Probleme mit Texturen sind ein häufiges Problem, denn kleine Kinder haben sehr unterschiedliche Kau Fähigkeiten. Zähne, Kiefer und Muskeln entwickeln sich noch und sie fühlen sich möglicherweise nicht sicher, wenn sich bestimmte Lebensmittel im Mund befinden. Deshalb lehnen sie diese ab. Bieten Sie Ihrem Kind eine stabile Sitzgelegenheit, damit es sich aufs Essen konzentrieren kann. Junge Kinder können effektiver kauen, wenn ihre Muskeln durch ihre Füße unterstützt werden. Geben Sie Ihrem Kind einen Hocker, auf dem es seine Füße abstellen kann, anstatt sie baumeln zu lassen.

Experimentieren Sie mit verschiedenen Texturen. Anstatt rohes oder zerkochtes Gemüse zu servieren, können Sie es blanchieren, um einen guten Mittelweg zu finden. Geben Sie es für ein paar Minuten in kochendes Wasser und anschließend in Eiswasser. Dadurch wird das Gemüse zart, aber behält noch etwas Biss. Schneiden Sie es in sehr kleine Würfel und bitten Sie Ihr Kind, es auf die Backenzähne zu legen. Kinder fühlen sich sicherer, wenn sie das Essen an den Zähnen spüren. Außerdem ist der Geschmack auf der Zunge nicht so intensiv, da sich dort die meisten Geschmacksrezeptoren befinden.

Wenn zähes Fleisch für Ihr Kind unangenehm ist, können Sie es backen, braten oder im Schongarer zubereiten, damit es zart und weich wird. Fleischbällchen können eine gute Option sein, solange sie sehr saftig sind. Servieren Sie Soße separat, damit Ihr Kind sie nach Belieben zum Dippen verwenden kann. Mit Geduld und Kreativität können Sie Ihrem Kind helfen, sich an verschiedene Texturen zu gewöhnen und neue Lebensmittel zu entdecken.

Der Würger: Wenn Essen zum Angsterlebnis wird

Ihr Kind isst nur sieben verschiedene Lebensmittel. Wenn Sie es überreden können, etwas Neues zu probieren, würgt es immer – was für beide Seiten unangenehm ist. Das Kind ist weniger bereit, Neues auszuprobieren, und Sie sind weniger geneigt, es ihm anzubieten.

Für viele Kinder ist Würgen ein Zeichen dafür, dass das Essen zu einem Stressfaktor geworden ist. Ihr Kind reagiert möglicherweise auf den Versuch, es zum Essen zu „bringen“. Wenn Ihr Kind schwierige, unangenehme oder schmerzhafte Erfahrungen mit Essen gemacht hat, wie z. B. Reflux, Verstopfung, ein Erstickungsanfall oder Zwangsernährung, kann dies ebenfalls eine Rolle spielen. Häufiges Würgen kann aber auch ein Warnsignal für eine orale oder sensorische Störung sein. Orale Fähigkeiten beziehen sich auf die Fähigkeit eines Kindes, Lippen, Kiefer, Zunge und Gesichtsmuskeln altersgerecht zu bewegen. Bei einer sensorischen Störung reagiert das Kind möglicherweise über oder unter auf einen Sinn. Es kann das Gefühl haben, dass es seine Wangen mit Essen füllen muss, um es im Mund richtig zu spüren, oder es würgt bei der kleinsten Texturveränderung.

Um herauszufinden, ob Ihr Kind eine orale oder sensorische Störung hat, sollten Sie mit Ihrem Kinderarzt sprechen. Eine Überweisung an einen Ergotherapeuten, Logopäden oder Ernährungsberater, der sich auf Essstörungen spezialisiert hat, kann der nächste Schritt sein. Diese Experten werden die Essgeschichte, das Wachstum und die Entwicklung Ihres Kindes überprüfen und sein Essverhalten in verschiedenen Situationen beurteilen. Sie können Ihnen zeigen, wie Sie Ihrem Kind zu Hause helfen können – oder direkt mit ihm arbeiten, und zwar mit sanften und spielerischen Techniken, um eventuelle Herausforderungen zu meistern. Viele Krankenkassen übernehmen diese Behandlung.

Wenn eine orale oder sensorische Störung ausgeschlossen wurde, können Sie versuchen, Ihr Kind ohne Druck in das Essen am Tisch einzubeziehen. Eine beliebte Strategie ist es, Ihr Kind zum „Oberkellner“ der Familie zu ernennen. Anstatt die Schüsseln herumzureichen, stellen Sie sie mit einem großen Löffel und einem kleineren Löffel vor Ihr Kind. Lassen Sie Ihr Kind jedes Familienmitglied fragen: „Möchtest du einen oder zwei Löffel? Einen großen oder einen kleinen Löffel?“ und geben Sie jedem die gewünschte Menge auf den Teller. Auf diese Weise kommt Ihr Kind durch Sehen, Hören und Riechen mit dem Essen in Kontakt, bevor es es überhaupt probiert. Diese zusätzliche sensorische Erfahrung kann seine Neugier wecken und das Essen zu einem freudigen Erlebnis machen. Und mit einem kleinen Löffel als Option ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass es sich selbst etwas auf den Teller gibt.

Der Unberührbare: Wenn die Präsentation wichtiger ist als der Geschmack

Ihr Kind mag viele verschiedene Geschmacksrichtungen, ist aber extrem wählerisch, wie das Essen präsentiert wird. Wehe, Sie servieren einen Auflauf! Es isst nur, wenn jede Zutat in einem separaten Häufchen auf dem Teller liegt, ohne dass sie sich berühren.

Wenn Ihr Kind es vorzieht, Gerichte zu zerlegen, auf eine bestimmte Art des Zerkleinerns besteht oder nicht möchte, dass sich Lebensmittel berühren, ist das meist ein Kontrollproblem. Es beginnt oft mit einer gewissen Angst – vielleicht ist es nervös wegen des bevorstehenden Kindergartenbesuchs oder freut sich auf ein bevorstehendes Ereignis – und hat deshalb schon Schmetterlinge im Bauch, wenn es sich zum Essen hinsetzt. Um sich zu beruhigen, versucht es, die Kontrolle zu erlangen, indem es sagt: „Ich will es so“. Wenn Sie entsprechend reagieren, fühlt es sich besser und die Gewohnheit entsteht.

Es ist in Ordnung, das Essen so zu servieren, wie Ihr Kind es möchte, und das kann dazu beitragen, dass die ganze Familie das gleiche Gericht isst! Helfen Sie Ihrem Kind aber, die „Trennungszone“ zu verlassen, indem Sie ihm erklären, dass jeder ein kleines Stück Taco oder Lasagne auf seinem Teller haben muss. Lassen Sie es den Taco auf ein kleines Stück Schale legen oder sich selbst einen Klecks Lasagne geben, damit es die sensorische Erfahrung des Umgangs mit dem kombinierten Essen macht. Bestehen Sie nicht darauf, dass es es isst, aber es muss auf dem Teller liegen, damit es sich an das Aussehen gewöhnt. Wenn es sich aufregt, bleiben Sie ruhig und sagen Sie: „Wir haben heute Abend alle Tacos auf dem Teller“ und fragen Sie es nach seinem letzten Treffen mit Freunden oder seinem neuen Haustier. Manchmal ist es das Beste, am Tisch nicht über Essen zu reden, um ein entspanntes Essen zu gewährleisten.

Letztendlich kennen Sie Ihr Kind am besten. Wenn Sie Bedenken hinsichtlich seiner Essgewohnheiten oder Abneigungen haben, sollten Sie sich an Ihren Kinderarzt oder einen anderen Arzt wenden.

Fazit: Geduld und Kreativität sind der Schlüssel

Wählerisches Essen bei Kindern ist ein weit verbreitetes Phänomen, das viele Eltern vor Herausforderungen stellt. Es gibt jedoch keine allgemeingültige Lösung, da die Ursachen für das wählerische Essverhalten vielfältig sein können. Es ist wichtig, die individuellen Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und darauf einzugehen. Druck und Zwang sind kontraproduktiv. Stattdessen sollten Eltern eine entspannte Atmosphäre schaffen und das Essen spielerisch gestalten. Es gibt verschiedene „Typen“ von wählerischen Essern, wie den Regressierer, den Geschmacksverächter, den Trinkspecht, den Super-Fühler, den Würger und den Unberührbaren. Jeder Typ erfordert eine eigene Herangehensweise. Es ist ratsam, bei anhaltenden Problemen einen Arzt oder Ernährungsberater zu konsultieren. Mit Geduld, Kreativität und den richtigen Strategien können Eltern ihren Kindern helfen, eine gesunde und ausgewogene Ernährung zu entwickeln und die Freude am Essen wiederzuentdecken.



QUELLEN

parents.com

Lese auch