Jede Mutter kennt das: Der Moment, in dem man am liebsten im Erdboden versinken würde. Das Kind schreit im Supermarkt, weil es den Schokoriegel nicht bekommt. Es haut auf dem Spielplatz ein anderes Kind, weil es dessen Schaufel will. Oder es stellt in der Öffentlichkeit eine Frage, bei der man rot anläuft. Doch was tun, wenn das eigene Kind „peinlich“ ist? Wie bewahrt man die Ruhe und erzieht gleichzeitig liebevoll und konsequent?
Wenn die Scham hochkocht: Warum uns das Verhalten unserer Kinder so unangenehm ist
Es ist ein Gefühl, das tief sitzt: Scham. Wir schämen uns für das Verhalten unserer Kinder, weil wir Angst haben, was andere denken könnten. Wir wollen als „gute“ Eltern wahrgenommen werden, deren Kinder sich benehmen. Doch oft vergessen wir dabei, dass Kinder eben Kinder sind. Sie sind noch nicht perfekt, sie lernen noch. Und manchmal, ja manchmal, machen sie Fehler – oder eben Dinge, die uns in den unpassendsten Momenten in Verlegenheit bringen. Aber woher kommt diese Scham eigentlich?
Oftmals ist es ein Spiegel unserer eigenen Unsicherheiten. Wir projizieren unsere eigenen Ängste und Erwartungen auf unsere Kinder. Wir wollen, dass sie „funktionieren“, dass sie den gesellschaftlichen Normen entsprechen. Wenn sie das nicht tun, fühlen wir uns als Eltern versagt. Doch es ist wichtig zu verstehen, dass jedes Kind einzigartig ist. Es hat sein eigenes Tempo, seine eigenen Bedürfnisse und seinen eigenen Charakter. Anstatt uns für ihr Verhalten zu schämen, sollten wir versuchen, es zu verstehen.
Die Wurzeln unseres Schamgefühls liegen oft in unserer eigenen Erziehung. Viele von uns sind mit Strenge, Drill und wenig Verständnis aufgewachsen. Wir haben gelernt, dass man sich „richtig“ zu verhalten hat, um geliebt und akzeptiert zu werden. Diese alten Muster wirken oft unbewusst in unserem eigenen Erziehungsstil weiter. Wir schimpfen, drohen oder bestrafen, weil wir es nicht anders kennen. Doch es gibt einen besseren Weg: Einen Weg, der auf Liebe, Verständnis und Empathie basiert.
Die Supermarkt-Szene: Wenn der Wutanfall an der Kasse eskaliert
Die Schlange an der Supermarktkasse ist lang, die Luft stickig. Dein Kind entdeckt die bunte Auslage mit Süßigkeiten und Spielzeug und bettelt um einen Schokoriegel. Du sagst nein, weil es kurz vor dem Abendessen ist. Plötzlich bricht ein Sturm los: Dein Kind schreit, weint, wirft sich auf den Boden. Alle Augen sind auf euch gerichtet. Was nun?
In solchen Momenten ist es wichtig, Ruhe zu bewahren – auch wenn es schwerfällt. Versuche, dich in dein Kind hineinzuversetzen. Es ist frustriert, weil es seinen Willen nicht bekommt. Es hat noch nicht gelernt, mit solchen starken Emotionen umzugehen. Anstatt zu schimpfen oder zu drohen, versuche, ihm zu zeigen, dass du seine Gefühle verstehst. Sage ihm: „Ich sehe, dass du wütend bist, weil du den Schokoriegel nicht bekommst. Das ist okay. Aber wir kaufen ihn trotzdem nicht.“
Es kann auch helfen, das Kind aus der Situation herauszunehmen. Wenn der Wutanfall zu heftig wird, geh mit ihm vor die Tür oder ins Auto. Dort kann es sich abreagieren, ohne dass ihr euch beobachtet fühlt. Wichtig ist, dass du ihm in dieser Situation zur Seite stehst. Zeige ihm, dass du für es da bist, auch wenn es gerade schwierig ist. Und vergiss nicht: Auch du darfst auf dich achten. Wenn die Situation zu belastend wird, bitte deinen Partner oder eine andere Vertrauensperson um Hilfe.
Wenn der Nachwuchs in der Öffentlichkeit tobt: Expertin gibt Tipps, wie Mütter gelassen bleiben.
Wenn Hauen, Kratzen und Beißen zum Alltag gehören: Aggressives Verhalten verstehen und handeln
Kinder, die hauen, kratzen oder beißen, bringen Eltern oft an ihre Grenzen. Man schämt sich für ihr Verhalten, ist hilflos und weiß nicht, wie man reagieren soll. Doch aggressives Verhalten hat meist eine Ursache. Es ist ein Ausdruck von Überforderung, Frustration oder Angst. Kinder haben noch nicht gelernt, ihre Gefühle auf andere Weise zu äußern.
Es gibt viele Gründe, warum Kinder aggressiv werden. Vielleicht fühlen sie sich vernachlässigt, überfordert oder ungerecht behandelt. Vielleicht haben sie in ihrem Umfeld Gewalt erlebt und ahmen dieses Verhalten nach. Oder vielleicht haben sie einfach noch keine besseren Strategien gelernt, um mit ihren Emotionen umzugehen. Als Eltern ist es unsere Aufgabe, ihnen dabei zu helfen.
Anstatt zu schimpfen oder zu bestrafen, sollten wir versuchen, die Ursache des aggressiven Verhaltens zu finden. Was steckt dahinter? Was braucht das Kind, um sich besser zu fühlen? Wenn wir die Ursache kennen, können wir gezielt darauf eingehen und dem Kind helfen, andere Wege zu finden, um mit seinen Gefühlen umzugehen. Wir können ihm beibringen, wie man sich verbal verteidigt, wie man seine Grenzen setzt und wie man Konflikte friedlich löst.
Die wichtigste Aufgabe von Eltern ist es, ihren Kindern zu vermitteln, dass sie geliebt und wertgeschätzt werden – unabhängig von ihrem Verhalten.
Es ist auch wichtig, konsequent zu sein. Aggressives Verhalten darf nicht toleriert werden. Wir müssen dem Kind klar machen, dass es nicht in Ordnung ist, andere zu verletzen. Gleichzeitig müssen wir ihm aber auch zeigen, dass wir es lieben und unterstützen. Wir können ihm sagen: „Ich liebe dich, aber ich finde es nicht gut, dass du gehauen hast. Das tut anderen weh. Wir müssen eine andere Lösung finden.“
„Mama, was ist eigentlich…?“ – Wenn Kinder „peinliche“ Fragen stellen
Kinder sind neugierig. Sie wollen die Welt verstehen und stellen Fragen – manchmal auch solche, bei denen wir am liebsten im Boden versinken würden. „Mama, was bedeutet ‚f*cken‘?“ „Papa, warum ist der Mann so dick?“ „Mama, wie ist man denn schwul?“ Solche Fragen können uns in Verlegenheit bringen, vor allem, wenn sie in der Öffentlichkeit gestellt werden.
Wichtig ist, nicht in Panik zu geraten. Das Kind hat nichts falsch gemacht. Es ist einfach nur neugierig und möchte etwas lernen. Anstatt auszuweichen oder zu lügen, sollten wir versuchen, ehrlich und altersgerecht zu antworten. Wenn wir uns unsicher fühlen, können wir sagen: „Das ist eine gute Frage. Darüber muss ich erst einmal nachdenken. Wir sprechen später zu Hause darüber.“
Zu Hause können wir uns dann in Ruhe vorbereiten und eine Antwort finden, die für das Kind verständlich ist. Es gibt viele Bücher und Materialien, die uns dabei helfen können. Wichtig ist, dass wir dem Kind das Gefühl geben, dass es jede Frage stellen darf. Wir wollen eine offene und vertrauensvolle Beziehung aufbauen, in der es sich wohlfühlt, auch über schwierige Themen zu sprechen.
Die offene Kommunikation über vermeintlich „peinliche“ Themen fördert nicht nur das Verständnis des Kindes für die Welt, sondern stärkt auch das Vertrauen und die Bindung zwischen Eltern und Kind. Indem wir ehrlich und altersgerecht antworten, zeigen wir unseren Kindern, dass sie sich mit all ihren Fragen und Neugierden an uns wenden können. Dies ist ein wichtiger Baustein für eine gesunde und respektvolle Beziehung.
Professionelle Hilfe: Wann ist es Zeit, sich Unterstützung zu suchen?
Manchmal sind wir als Eltern überfordert. Wir haben das Gefühl, dass wir keinen Zugang mehr zu unserem Kind haben, dass unsere Erziehungsstrategien nicht mehr funktionieren. In solchen Fällen ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke, sich einzugestehen, dass man Unterstützung braucht.
Es gibt viele Stellen, an die wir uns wenden können: Erziehungsberatungsstellen, Familienzentren, Therapeuten oder Coaches. Sie können uns helfen, die Ursachen für die Schwierigkeiten zu erkennen und neue Wege zu finden, um mit unserem Kind umzugehen. Sie können uns auch dabei unterstützen, unsere eigenen Muster und Blockaden zu erkennen und aufzulösen. Denn oft liegt das Problem nicht nur beim Kind, sondern auch bei uns selbst.
Eine erfahrene Erziehungsberaterin kann helfen, die Dynamik innerhalb der Familie zu verstehen und aufzuzeigen, wie bestimmte Verhaltensweisen der Eltern problematische Reaktionen beim Kind auslösen können. Durch die Veränderung der Familiendynamik und das Erlernen einer besseren Kommunikation miteinander können Eltern eine positive Veränderung im Verhalten ihres Kindes bewirken. Es ist wichtig zu erkennen, dass die Inanspruchnahme professioneller Hilfe ein Zeichen von Verantwortungsbewusstsein und der Wunsch nach einer gesunden und harmonischen Familienbeziehung ist.
Fazit: Weg von der Scham, hin zum Verständnis
Es ist normal, sich manchmal für das Verhalten seiner Kinder zu schämen. Aber es ist wichtig, sich von diesem Gefühl zu lösen und stattdessen zu versuchen, das Kind zu verstehen. Warum verhält es sich so? Was braucht es? Wie können wir ihm helfen, andere Wege zu finden, um mit seinen Emotionen umzugehen? Indem wir liebevoll, verständnisvoll und konsequent erziehen, können wir unseren Kindern helfen, zu selbstbewussten und verantwortungsvollen Menschen heranzuwachsen. Und ganz nebenbei lernen wir auch selbst viel über uns und unsere eigenen Muster.
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